Jürgen Dollase

Notizen für Hotelreisende – Ein ABC von Großkritiker Jürgen Dollase

Andere Gäste

Hotels sind wie öffentliche Verkehrsmittel. Man kann sich nicht aussuchen, wer nebenan wohnt oder auf wen man immer wieder trifft. Dieser Effekt steigt mit der Preisklasse der Hotels kolossal an. Und wenn es dann auch noch international wird, muss man damit rechnen, dass jeder Gast maximal gepampert werden muss und sich auch sonst ständig im Mittelpunkt sieht. Man lernt dann, dass „asozial“ auch bedeuten kann, andere Menschen einfach nicht mehr wahrzunehmen. 

Busreisende im Hotel 

Sie sollten unbedingt checken, ob nicht zufällig ein Reisebus mit Pauschalreisenden aus dem eher ländlichen süd-, ost-, west- oder norddeutschen Raum im Hotel ist. Sie werden ein Problem mit dem Frühstück bekommen, weil die Herrschaften schon vor der Öffnung des Buffets vor der Türe Schlange stehen und dann wie ein Heuschreckenschwarm über das Essen herfallen. Ist schließlich alles umsonst. 

Elektronik 

Irgendwann einmal waren wir in einem Zürcher Luxushotel und man zeigte uns stolz eine Art graues Gebilde in Gänseeigröße, das auf dem Nachttisch stand. Das wäre die Bedienung für alle elektronischen Funktionen des Zimmers. Weil man mit weniger Technik als in diesem Zimmer vorhanden war früher die erste Mondlandung realisiert hat, haben wir uns damit beschieden, abends wenigstens das Licht auszuschalten. Irgendwann gelang das dann auch. 

Hotelbetten 

Sind oft sehr gut, aber oft auch sehr hoch … 

Innenausstattung 

In einer beträchtlichen Zahl selbst von Oberklasse-Hotels gehört der Aufenthalt zu den großen ästhetischen Prüfungen. Während die besten von ihnen schon fast Museen für zeitgenössische Kunst sind, bekommt man in vielen anderen Antwort auf die Frage, wer denn eigentlich den ganzen teuren Unsinn kauft, den man in diversen Einrichtungsläden der Oberklasse findet. Wahrscheinlich gibt es ungeheuer gut verdienende Maler, die keiner kennt und keiner kennen will, die aber wissen, wie man ihre künstlerischen Ergüsse im Picasso-Matisse-Dufy-Duktus großzügig rahmt und schwungvoll signiert. Sie hängen in den Hotels. 

Moderne, voll ausgestattete Bäder 

Von Haus aus bevorzugen meine Frau und ich Spiegel, in denen man sich erkennen kann, Badewannen, aus denen man mit einem einfachen Handgriff das Wasser herauslassen kann, Heißwasserzuläufe mit einer Temperatur unter 100°, Duschen, bei denen man vorhersagen kann, woher das Wasser kommt und keine Bedienelemente, mit denen man das ganze Badezimmer fluten kann. Aber – man kann eben nicht immer alles haben … 

Stammplätze 

Gute Hotels des gehobenen Feriensegmentes haben ihre Gründe dafür, den Gästen Tische mit Namensschildern zuzuweisen. Für einen echten deutschen Feriengast, der sich ab Tag Zwei für einen Stammgast hält, gibt es nichts Schlimmeres als ein von Fremden okkupierter Stammplatz. Das kann ihm den ganzen Tag versauen. 

Trinkgeld 

Nehmen Sie ruhig kleine Scheine mit. Mit dem, was manche sehr gut betuchte Gäste als Trinkgeld geben, können Sie sowieso nicht mithalten. In kleineren Hotels macht es sich allerdings nicht so gut, wenn Sie dem Eigentümer, der Ihnen beim Gepäck behilflich ist, ein Trinkgeld in die Hand drücken. Er ist schließlich keine angestellte Hilfskraft. 

Wagenmeister 

Viele Gäste empfinden es als Bedrohung, wenn sie bei einem guten Hotel vorfahren und es erscheint ein möglicherweise auch noch livrierter Wagenmeister. Bei uns ist das genauso. Wir fühlen uns schon zu Hause genötigt, dem Wagen mit Rücksicht auf die Weitergabe eine – sagen wir: kleine – Auffrischung im Inneren zu verpassen. Man sollte sich einmal den Gag erlauben, mit einer echten Rostlaube vorzufahren … 

Zimmerservice 

Wenn Sie in ihrem Hotel irgendwelche schrägen Geschäfte oder sonstige Aktivitäten entfalten, bei denen viel Papier im Zimmer herumliegt, sollten Sie vorsichtig sein. Es gibt Hotels, in denen der Zimmerservice nicht nur abends Ihr Bett unter Hinterlassung einer kleinen viereckigen Schokolade aufdeckt (die Sie unbedingt rechtzeitig finden sollten), sondern auch tagsüber. Achten Sie darauf, dass Sie Ihr Zimmer in einem – sagen wir: entpersonalisierten Zustand verlassen. Wir suchen oft schon beim Eintreffen als erstes das zuständige Personal auf und verbitten uns – natürlich mit milden Worten – jede weitere Einmischung. Wir kommen dann entspannt ins Zimmer zurück – nur um festzustellen, dass es mittlerweile einen Schichtwechsel beim Personal gab. eintrag