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Schadenfreude ist die schönste Freude – Herr Stankes Slapstick-Akrobatik

„Ich will einfach nur auf die Bühne. Um Preise oder Awards ging es mir nie“, teilt mir Rainer, alias ‘Herr Stanke‘, schon in den ersten Minuten unseres Gesprächs mit. Er trat in diesem Jahr mit seiner Slapstick-Akrobatik auf der GauklerFestung in Koblenz auf. Dass er nach diesem Event mit dem memo-media-Sonderpreis in der Tasche nach Hause fahren würde, damit hatte er nicht gerechnet:

Herr Stanke Slapstick-Akrobatik

Rainer und seine Slapstick-Akrobatik verbinden Jahrzehnte!

„Wie die meisten anderen Künstler habe ich einfach nur auf eines hingefiebert: endlich wieder arbeiten zu dürfen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, nach so langem Arbeitsverbot wieder vor Publikum zu stehen.“ Er erzählt, es sei wie Fahrradfahren gewesen – verlernt habe er trotz des langen Auftrittsverbots nichts: „Es fühlte sich an, als ob es keinen Tag Pause gegeben hätte. Ich war sofort wieder im Modus.“ Kein Wunder. Rainer und die Slapstick-Akrobatik verbinden mittlerweile mehrere Jahrzehnte. Er lebt seinen Act.

Die Artisten-Ausbildung zu DDR-Zeiten

Rainers Geschichte mit der Akrobatik begann zu einer Zeit, in der nicht nur das Land in zwei Teile gespalten war. Auch die Meinungen zur Artistik als Beruf entzweiten sich noch stärker als heute. Er war in der neunten Klasse, als er durch Zufall von der Artistenschule in Berlin erfuhr. „Mir war sofort klar, dass ich diese Ausbildung absolvieren wollte. Als ich diesen Wunsch jedoch in einer Berufsberatung in der Schule äußerte, waren alle Lehrer – und auch meine Eltern – perplex. Ich glaube, in dem Moment hat mich keiner ernst genommen“, berichtet der Künstler. Zur damaligen Zeit kannte kaum jemand die Artistenschule in Berlin. Trotz aller Skepsis setzte Rainer seinen Wunsch durch, meldete sich auf der Schule an und startete seine vierjährige Ausbildung zum Artisten.

Die ‘Rectons’: ein prägender Wendepunkt

Sieben-Mann-Pyramide 1990

1990: Rainer bildet als Jüngster die Basis der Sieben-Mann-Pyramide.

Anders als heute hatten die angehenden Artist:innen zu DDR-Zeiten jedoch kein Mitspracherecht, was die Richtung ihrer Ausbildung betrifft. „Wir waren wie Marionetten. Uns wurde alles vorgeschrieben und wir durften uns nichts aussuchen. Deswegen kann ich von Glück sprechen, dass sich alles genau so entwickelte, wie ich es mir schon immer vorgestellt hatte: Ich durfte mich am Reck verwirklichen“, erzählt Rainer.

Nachdem er ein Jahr lang als Angestellter mit dem Staatszirkus der DDR in Russland unterwegs war, wurde er in eine Artisten-Gruppe aufgenommen, die sich ‘Rectons’ nannte. „Diese Möglichkeit war ein Wendepunkt in meinem Leben. Ich habe es geliebt, mit dieser Gruppe aufzutreten. Ich war damals der Jüngste und stand in der Sieben-Mann-Pyramide ganz unten. Ich hielt über 350 Kilogramm und habe mich dabei stark und wichtig gefühlt. Es war, als würde ich wortwörtlich die Gruppe zusammenhalten“, erinnert sich der Künstler.

Nach den ‘Rectons’ kam die Slapstick-Akrobatik

Umso schmerzhafter war es für ihn, als sich die Gruppe zur Wende hin auflöste: „Ich habe erst mal geheult. Es war immer mein Traum, mit den ‘Rectons’ aufzutreten. Doch ich habe den Kopf nicht hängen lassen und stattdessen überlegt, wie ich alleine weitermachen konnte. Ahnung hatte ich keine. Die einzige Frage, die ich mir stellte, war, womit ich möglichst viel Quatsch machen konnte. Ich war schon immer ein Quatschkopf.“

Rund anderthalb Jahre später war ‘Herr Stanke’ geboren. Ein Act, der Slapstick mit Akrobatik verbindet – und einer Menge Blödsinn. Denn ‘Herr Stanke’ hampelt als Teppichklopfer am und unterm Reck herum. Dabei passiert ihm ein Missgeschick nach dem anderen.

Der erste Auftritt mit seiner Slapstick-Akrobatik war 1993

Herr Stande Slapstick-Akrobatik

Wenn Herr Stanke auf der Bühne steht, lautet das Motto: Schadenfreude ist die schönste Freude.

„Mein erster Auftritt mit dieser Slapstick-Nummer war eine Katastrophe. Das war 1993“, erinnert sich Rainer schmunzelnd zurück, „Davon habe ich mich aber nicht verunsichern lassen und habe einfach weitergemacht.“ Mit Erfolg. Denn es folgten immer mehr Auftritte in Varietés und Theatern. Dabei brachte ‘Herr Stanke’ sein Publikum bereits dann zum Lachen, wenn er so gut wie nichts machte: „Es reichte schon, mit meinem Teppichklopfer in der Hand auf die Bühne zu treten und einfach nur in die Gesichter der Zuschauer zu blicken. Alleine durch meine Mimik und Gestik konnte ich die Zuschauer fesseln. Sie tauchten in meine Welt ab und warteten nur darauf, dass ich irgendeinen Qutasch machte.“

Genau darum geht es Rainer mit seiner Slapstick-Akrobatik: Die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen, es unter Spannung zu setzen, um es dann mit seinem verrückten Schabernack zu belohnen. „Es heißt doch: Schadenfreude ist die schönste Freude. Genau in den Genuss soll mein Publikum kommen“, so der Künstler.

Die Zeiten ändern sich – und auch der Humor

Wenn Rainer heute auf der Bühne steht, spürt er jedoch, dass sich in der Auffassung von Comedy in den letzten Jahren viel verändert hat: „Durch die zunehmende Schnelllebigkeit in unserer Welt hat sich auch der Anspruch an meine Nummer verändert. Die Menschen können sich nicht mehr lange einem stillen Moment hingeben und abwarten. Es muss immer etwas passieren, um die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten. Daher muss sich auch stetig meine Nummer anpassen und weiterentwickeln.“

Wenn er Spaß auf der Bühne hat, lacht das Publikum

Bislang hat der Künstler seine Nummer immer in Eigenregie auf die Bedürfnisse seiner Zuschauer:innen angepasst. Was genau er künftig noch daran schrauben wird, steht derzeit noch nicht fest. Nur eines ist klar: Dass er selbst Spaß auf der Bühne hat, hat die höchste Priorität. „Nur wenn ich mich selbst richtig fallen lassen kann und Freude an meiner Performance habe, kann ich das Publikum vollends mitreißen“, verrät Rainer. Deswegen blickt er schon voller Vorfreude einem ganz besonderen Auftritt im Dezember entgegen: „Ich bin für ein Dinner-Spektakel gebucht. Und ich habe schon im Gefühl, dass sich an dem Abend sowohl die Gäste als auch ich einfach dem Moment hingeben und eine Menge Spaß haben werden.“

Seine Zukunftsvision? So lange es geht, auf der Bühne bleiben!

Herr Stanke als Comedy-Zauberer

Nicht nur mit Slapstick-Akrobatik, auch als Comedy-Zauberer bringt Herr Stanke sein Publikum zum Lachen.

Wenn er an seine Zukunftsvision und Wünsche denkt, ist Rainer ziemlich pragmatisch: „Ich hoffe einfach, dass mein Körper noch lange mitmacht und ich so lange wie möglich auf der Bühne stehen kann. Zum Glück habe ich neben meinem Steckenpferd, dem Reck, mit der Comedy-Zauberei noch ein Ass im Ärmel.“

Doch egal, wie es kommt, so viel steht fest: Ob als Comedy-Zauberer oder als ‘Herr Stanke’ mit seinem Teppichklopfer am Reck – Rainer wird wohl immer ein Quatschkopf bleiben. Das macht seinen Charakter aus. Und genau das macht seinen Act seit Jahrzehnten so erfolgreich – indem er ist, wie er ist.