Leoticket

Mit White-Label-Ticketsystem durch die Corona-Zeit

Ich bin immer wieder erstaunt, wie kreativ manche Menschen und Unternehmen mit den harten Einschnitten und Herausforderungen der Corona-Pandemie umgehen. Geschäfte mussten schließen, Veranstaltungen wurden abgesagt, Menschen bleiben zu Hause. Umsätze bleiben aus, Existenzen stehen auf dem Spiel. Und trotzdem lassen sich manche nicht unterkriegen, setzt die Krise scheinbar erst recht das Gedankenkarusell in Gang. Ein Beispiel dafür ist Leomedia, ein Ticketunternehmen aus Leonberg.

Das Forum Theater nutz das White-Label-Ticketsystem von Leomedia in dieser Situation für Spendentickets.

Das Forum Theater nutz das White-Label-Ticketsystem von Leomedia in dieser Situation für Spendentickets.

Es dauert nur wenige Stunden, dann quillt das Mail-Postfach von Leomedia-Geschäftsführer Carsten Neumann über. Das ist Mitte März, als die deutsche Regierung Veranstaltungen zum Schutz der Bevölkerung vor Corona untersagt. Stunde Null in der Eventbranche. Leomedia bietet Software und Service für Ticketsysteme an, die Veranstalter unter ihrem eigenen Label vermarkten können. Reihenweise melden sich Veranstalter, die ihre Events über das White-Label-Ticketsystem leoticket von Leomedia rückabwickeln müssen. Shops werden geschlossen, Buchungen storniert, tausende Tickets müssen erstattet werden. „Wir mussten nach Datum priorisieren. Die Veranstaltungen waren teilweise noch am gleichen Abend“, erzählt Neumann, als ich ihn anrufe. Eine große Hilfe für die Kunden von Leomedia: Sie haben mit der ganzen Abwicklung nichts zu tun. „Das ist im Service unseres White-Label-Ticketsystems inbegriffen“, erklärt mir Neumann. Unabhängig davon bedeuten die Absagen harte finanzielle Einschnitte für die Veranstalter.

Solidarität in der größten Krise

Neben all den Vorschriften und der technischen Abwicklung in der Krise beschäftigt den Unternehmer jedoch auch die menschliche Seite, die hinter den Zahlen steht: eine Band, die ihre Nordamerika-Tournee absagen muss und auf mehreren tausend Euro Kosten für Flüge, Unterkünfte und Mieten sitzen bleibt, ein kleines Theater, das sein Programm auf Eis legen muss. Und in all dem Chaos, das über die gesamte Branche hereinbricht, entdeckt Neumann schnell kleine Funken von Solidarität. Immer mehr Ticketkäufer melden sich, dass sie das Geld für ihre Eintrittskarten nicht zurückerstattet haben möchten. Sie wollen das Geld spenden und damit das Theater, den Künstler, den Anbieter unterstützen. Auch Leomedia verzichtet auf den eigenen Servicebetrag. „Wir konnten in der ersten Welle unseren Kunden damit etwas unter die Arme greifen“, sagt Neumann. Gleichzeitig beginnen aber auch die Gedanken des Geschäftsführers zu kreisen: „Ich habe mich gefragt: Was kann man zur Unterstützung der Künstler, Musiker, zur Erhaltung der Kulturszene tun?“, erzählt er. Innerhalb weniger Tage gelingt es ihm, ein kreatives dreiteiliges Konzept auf die Beine zu stellen.

Bei Kultur auf dem Hof kann man über das White-Label-Ticketsystem von Leomedia Ticktesfür Wohnzimmerkonzerte kaufen.

Bei Kultur auf dem Hof kann man über das White-Label-Ticketsystem von Leomedia Ticktesfür Wohnzimmerkonzerte kaufen.

White-Label-Ticketsystem leoticket bietet Spendentickets und Tickets für Wohnzimmerkonzerte

„Zuerst haben wir ein Spendenticket ins Leben gerufen“, sagt Neumann. Anbieter stellen über das White-Label-Ticketsystem von Leomedia die Option für ein Spendenticket ein – Kunden können eine virtuelle Veranstaltung buchen und bekommen im Gegenzug eine Spendenquittung. „Künstler können auf diese Weise ihre Community mobilisieren, sie in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen“, erklärt Neumann den Nutzen.

Doch damit nicht genug: Als zweiten Baustein erarbeitet Leomedia eine Möglichkeit, dass Künstler ihre Musik oder andere Darbietungen auch weiterhin Kunden zugänglich machen können – in Form von Wohnzimmerkonzerten – und damit weiterhin etwas Geld verdienen. Über das White-Label-Ticketsystem von Leomedia können sich Kunden ein Ticket kaufen und damit den Zugang zu einem privaten Onlinevideokanal. „Das hat den Vorteil, dass ich einen Wert liefere und nicht nur um Unterstützung bitten muss“, sagt Neumann, fügt aber bedauernd hinzu: „Das geht aber natürlich nicht für jede Form von Veranstaltung.“

Carsten Neumann ist der Geschäftsführer von Leomedia

Carsten Neumann ist der Geschäftsführer von Leomedia

Livestreaming bringt Künstler trotz Corona zu den Menschen

Als dritte Möglichkeit entwickelt Leomedia gerade mit einigen Kunden ein Livestreaming-Angebot, zum Beispiel aus dem Probenraum einer Band. Dafür stellt das Unternehmen neben dem White-Label-Ticketsystem leoticket auch die Infrastruktur in Form von Servern, Streaming Software und bei Bedarf Kameraequipment zur Verfügung. Sowohl ein öffentlicher Zugang auf Spendenbasis als auch ein kostenpflichtiger Onlinezugang mit Ticketkauf lassen sich dabei über das White-Label-Ticketsystem leoticket einstellen. Neumann: „Leomedia setzt bei den Wohnzimmerkonzerten und dem Livestreaming auf bereits vorhandene Plattformen wie beispielsweise Wowza, Streamflow oder Youtube. Die sind etabliert und funktionieren. Vorteil  von Youtube für die Künstler: sie können die Videos später auf ihrem eigenen Kanal weiterverwenden.“

Das alles klingt für mich so genial wie einfach. Dabei ist es technisch gar nicht so trivial, klärt Neumann mich auf. Es geht um Serverkapazitäten, Grafikrendering, Performance und Internetanbindung auf Glasfaserbasis – durchaus keine Selbstverständlichkeit. Doch Leomedia ist gerüstet und sieht darin auch ein Potential über Corona hinaus. „Das ist vielleicht auch etwas, das perspektivisch ist für die Zukunft“, sagt Neumann. Hier hat jemand die Krise offenbar tatsächlich als Chance verstanden.