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Veranstaltungstechnik im Branchentalk

Nicht nur deutsche Hersteller von Veranstaltungstechnik sind Weltspitze. In unserem Land gibt es viele mittelständische Dienstleister und Freelancer:innen, die die Branche mit super Equipment und viel Know-how am Laufen halten. showcases bat Marcel Fery, Vostand der Berliner TSE AG, die im letzten Jahr ihr 25-Jähriges feierte, Melanie Schobel, Betriebswirtin, Media Managerin und Managing Director der Media Spectrum GmbH & Co. KG, die im letzten Jahr 40 Jahre alt wurde, und die selbstständige Lichtdesignerin und Diplom-Ingenieurin Miriam Damm zum Branchentalk.

Ob »The Who« auf der Waldbühne, ein 150 Jahre Hapag-Lloyd-Event sowie Messen wie die Didacta oder die ITB oder »Der Freischütz« im Theater an der Wien: Die Standards sind sehr hoch. Unsere drei Gäste sprachen über die Folgen der Pandemie, aktuelle Problemlagen und die Zukunft mit KI.

Wie seid ihr aus den Pandemie-Jahren herausgekommen?

Miriam Damm: Da mein Mann und ich beide selbstständig in der Veranstaltungsbrache arbeiten und wir zwei kleine Kinder haben, war es nicht leicht. Wir sind aber vergleichsweise mit einem blauen Auge davongekommen. Existenzängste und die Überlegung, den Job aufzugeben, haben die damalige Zeit dominiert.

Melanie Schobel: Als Full-Service Produktions- und Messebau-Dienstleister waren die Pandemie-Jahre durchaus herausfordernde Jahre für uns. Wir haben damals aber schnell und flexibel die richtigen unternehmerischen Schritte eingeleitet und unsere Stammkunden im Hinblick auf online oder hybride Eventformate richtig beraten.

Marcel Fery: Wir haben die Corona-Jahre ähnlich gut oder schlecht überstanden wie viele andere Firmen auch. Wir haben dank der Aktion der Alarmstufe Rot und der Verbände ja als Branche gute Hilfen bekommen, die zum nicht unerheblichen Teil gepasst haben. Das hat uns zusammen mit der Kurzarbeit geholfen. Zwischendurch haben wir auch Impfzentren gebaut und betreut. Ab April 2023 ging es wieder aufwärts. November und Dezember wurden dann noch mal schlecht, was wohl in der ganzen Branche so war.

Miriam Damm zur Zukunft der Veranstaltungsbranche

Miriam Damm

Existenzängste und die Überlegung, den Job aufzugeben, haben die damalige Zeit dominiert.

Was sind die größten Probleme, die ihr jetzt überwinden müsst?

MS: Der Fachkräftemangel ist sicherlich nach wie vor eine branchenübergreifende Herausforderung, welcher durch ein kontinuierliches, nachhaltiges Recruiting-Konzept, Investition in Ausbildung im Unternehmen und Nachwuchsförderung aus den eigenen Reihen entgegengewirkt werden kann. Auch hier haben wir bereits in der Pandemie erkannt, dass hier ein Umdenken nötig ist und wir mehr denn je tun müssen und auch tun.

MF: Der Fachkräftemangel ist heute das größte Problem. Außerdem Situation mit der rechtssicheren Beauftragung von Selbstständigen und die Kurzfristigkeit der Zusagen seitens der Auftraggeber.

MD: Die Besucherzahlen haben immer noch nicht das Niveau der Vor-Coronazeit erreicht. Die Gründe dafür liegen vermutlich an den stark gestiegenen Ticketpreisen. Wenn im Schnitt früher zehn Events pro Jahr besucht wurden, reicht das Budget der Besucher jetzt nur noch für zwei, drei ausgewählte Veranstaltungen. Die Ticketpreise für Theaterinszenierungen an Stadt-, Landes- und Staatstheatern sind durch ihre Subventionierung immer noch bezahlbar. Trotzdem sind Theater für das junge Publikum noch unattraktiver geworden als früher. Am traurigsten steht es um die kleinen Theater der freien Szene. Sie leiden unter den stetig steigenden Kosten und den immer weniger werdenden Fördermitteln. Und dabei sind sie, mit ihren jungen freien Formaten, die Türöffner für die jüngere Generation.

Was ist die größte veranstaltungstechnische Errungenschaft?

MF: In den letzten Jahrzehnten war die Etablierung des Line-Array-Systems, das sich auch wirklich komplett durch alle Bereiche und alle Lautsprechergrößen durchgesetzt hat, der größte Umschwung in der Beschallungstechnologie. Dann natürlich die digitalen Mischpulte. Im Beleuchtungssektor war es der Move vom spiegelbewegten Scheinwerfer zum kopfbewegten Scheinwerfer. In den letzten Jahren geht es hauptsächlich um die digitale Signalverteilung. Inzwischen gibt es ja große Bemühungen, dass glasfaserbasiert alles miteinander in einer Leitung redet. Hier geht es gerade um Standards.

MD: Seit 20 Jahren arbeite ich ausschließlich im theatralen Bereich der Veranstaltungsbranche, der dafür bekannt ist, dem Stand der Technik hinterherzuhinken. Als Lichtdesignerin am Theater finde ich die Entwicklung der LED mit ihrer immer besser werdenden Imitation natürlicher Lichtquellen, ihrer hohen Leistung, ihrer Farbwiedergabe und Energieeffizienz eine wichtige Errungenschaft.

Welche Rolle wird KI für die Veranstaltungstechnik bedeuten?

MS: Künstliche Intelligenz, insbesondere die generative KI, wird eine der größten Transformationen der letzten Jahrzehnte sein. Das wird auch nicht spurlos an der Event- und Veranstaltungsbranche vorbeigehen. Ich sehe diese Transformation aber als große Chance, um durch die Nutzung von KI-basierender Software Administration, Planung und Prozesse in einem Unternehmen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Um eine Eventproduktion aber reibungslos vor Ort umzusetzen und ablaufen zu lassen, benötigt es vor allem Erfahrung, Wissen und Manpower, sodass diese Dienstleistung meiner Meinung nach nicht durch den Einsatz von KI eins zu eins ersetzt werden kann.

Melanie Schobel über Probleme und Zukunft der Veranstaltungsbranche

Melanie Schobel

Künstliche Intelligenz, insbesondere die generative KI, wird eine der größten Transformationen der letzten Jahrzehnte sein.

MF: Ich glaube, dass KI in internen Prozessen zum Einsatz kommen wird, also da, wo sie jetzt auch schon teilweise hilft: beim Schreiben von Konzepten, Schreiben von Berichten. Außerdem bin ich der Meinung, dass die KI in der Disposition Einzug erhalten wird, sowohl des Materials als auch des Personals. Natürlich wird ein Mensch noch mal draufgucken müssen. Dass die KI die Beatles neue Songs schreiben lässt oder Elvis reanimiert und wieder auftreten lässt, wird auch passieren. Aber in der ganzen Breite, glaube ich, wird die KI vorrangig in diesen verwaltungstechnischen Themen relevant sein.

MD: Fortschritt hat schon immer Arbeitserleichterung und damit den Wegfall und Wandel von Arbeitsplätzen bedeutet. Die Dimensionen, in welcher Weise die KI in Zukunft unser Arbeiten und Leben beeinflussen wird, sind schwer abzuschätzen, da sie in ihren Möglichkeiten und ihrer Geschwindigkeit unsere geistigen Kapazitäten eklatant übertrifft. Allerdings schöpft sie bislang ihre Möglichkeiten aus dem gesammelten digitalisierten Wissen der Vergangenheit. Gerade in der künstlerisch schöpfenden Welt braucht es kreative, innovative und verrückte Konzepte von Menschen, um etwas Neues zu schaffen. Und ich möchte auch behaupten, dass nur reale Menschen die in unserer Branche so wichtigen Emotionen kreativ umsetzen können.

Marcel Fery über die Zukunft der Veranstaltungstechnik

Marcel Fery

Dass die KI die Beatles neue Songs schreiben lässt oder Elvis reanimiert und wieder auftreten lässt, wird auch passieren.

Vielen Dank für eure Antworten!