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„Uns wurde über Nacht die Arbeitsgrundlage entzogen“

Der Veranstaltungssektor steht auf der „Roten Liste“ der aussterbenden Branchen. Jutta Kirberg, die Gründerin von Kirberg Catering, die vor 35 Jahren für die kulinarische Versorgung internationaler Stars wie den Rolling Stones sorgte und mittlerweile eines der erfolgreichsten Event-Catereing-Unternehmen Deutschlands führt, setzt sich deswegen mit Aktionen wie der „Night of Light“ dafür ein, auf die dramatische Lage im Eventbereich aufmerksam zu machen. Denn sie ist, wie sie sagt, „Gastgeberin aus Leidenschaft“. Doch wo es keine Veranstaltungen gibt, bleiben auch die Gäste aus – das stürzt Kirberg Catering wie die gesamte Branche in die schwerste Krise, die es je gegeben hat. An Kreativität und guten Ideen mangelt es bei Kirberg Catering aber trotzdem nicht. Hybride Events, Deli-Bags und Zoom-Kochkurse zeigen, dass man auch in schweren Zeiten durchaus nach vorne schauen kann.

Jutta, Du bist seit über 35 Jahren im Catering. Was war das Beste, das Du je gekocht hast?

(Lacht) „Ich lasse mich lieber bekochen. Meine Stärke liegt in der Entwicklung neuer Ideen, ich bin eher die Impulsgeberin unseres Unternehmens. Das gilt in Zeiten wie diesen natürlich besonders. Auch wenn es schwerfällt, die Krise als Chance zu sehen, tut es trotzdem gut, neu und anders zu denken. Zu Beginn der Krise haben wir zum Beispiel zur Mitarbeiter- und Kundenbindung ein interaktives Lunch-Date entwickelt. Unsere Picknickspeisen im Glas liefern wir ‚to work‘ in umliegende Büros in Köln, Düsseldorf und Essen. Bei Meetings und Tagungen packen wir alles Corona-fit in coole Bags und Pizzaschachteln oder hängen alles an Garderobenständer.“

In den vielen Jahren hast Du sicher einige Höhen und Tiefen mitgemacht. War Corona bislang der herbste Rückschlag?

„Durch den Shut-Down wurde der gesamten Veranstaltungswirtschaft über Nacht die Arbeitsgrundlage entzogen. Dadurch sind wir völlig unverschuldet in die schwerste Krise geraten, die es je gegeben hat. Und das als am stärksten Betroffene: First in – last out. Innerhalb weniger Tage haben wir durch die behördlichen Auflagen alle Aufträge verloren. Seit Mitte März machen wir keine Umsätze mehr. Nach jedem neuen Erlass erhalten wir weitere Absagen, und zwar bis zum Ende des Jahres. Zudem machen die aktuellen Auflagen und Restriktionen die wirtschaftliche Durchführung von Veranstaltungen quasi unmöglich.“

Haben Euch staatliche Unterstützungen geholfen?

„Seit Mitte März befinden sich 98 Prozent unserer Mitarbeiter in Kurzarbeit, wir haben sie jetzt für ein Jahr beantragt. Das hilft, zumindest in Teilen. Weitere finanzielle Hilfen sowie klare und einheitliche länderübergreifende Regelungen, die die Planung von Events erleichtern, sind zwingend notwendig.“

Ihr engagiert Euch auch bei der Night of Light – worum ging es dabei und was erhofft Ihr Euch von der Aktion?

„In der Nacht vom 22. auf den 23. Juni wurden bundesweit mehr als 8.000 Locations und Bauwerke rot illuminiert, um auf die Corona-bedingte dramatische Lage der Veranstaltungswirtschaft aufmerksam zu machen. Wir waren von Anfang an Unterstützer der Aktion, die die Politik und die Öffentlichkeit auf eine Branche aufmerksam machen möchte, die auf der ‚Roten Liste‘ der aussterbenden Branchen steht.  Einem Milliardenmarkt droht eine riesige Pleitewelle und demzufolge sind hunderttausende Arbeitsplätze in Gefahr. Mit der Aktion ist es gelungen, Marktteilnehmer aus allen Bereichen der Veranstaltungsbranche zu vereinen, ein imposantes Zeichen zu setzten und in einem flammenden Appell zum Dialog mit der Politik aufzurufen um Lösungen und Wege aus der dramatischen Lage zu entwickeln.“

Wie kam die Aktion an?

„Nur wenige Tage nach der Night of Light hat die saarländische Landesregierung angekündigt, die zulässige Teilnehmerzahl für Veranstaltungen im Saarland in den nächsten Wochen Schritt für Schritt erhöhen zu wollen.“

Trotz allem habt Ihr nicht aufgegeben und auch neue Formate entwickelt. Welche Ideen und Projekte sind in der “Corona-Zeit” entstanden?

„Wir sind bekannt und ausgezeichnet für unseren Ideenreichtum und unsere Kreativität. Unser Leitsatz ist ‚Freuen Sie sich auf das bisschen mehr an Kreativität, Geschmack und Service.‘ Und so entwickeln wir über den Dialog mit unseren Kunden für hybride Events Corona-fitte Formate wie unser interaktives Lunch-Date. Trotz der entwickelten Maßnahmen ist ohne Event wirtschaftliches Arbeiten und damit der Erhalt von Arbeitsplätze aber dauerhaft nicht möglich.“

Was hast Du in der „Corona-Zeit“ am meisten vermisst?

„Die Normalität meines Tuns, das Miteinander mit meinem Team und die Freude, die entsteht, wenn wir Gästen bei Events durch unsere Arbeit Freude bereiten. Beim ersten Kaffee, den wir in der ‚Dank Augusta‘ – unserem Gartenlokal in der Flora -verkauft haben, hatte ich das Gefühl von ‚Frisch-Verliebt-Sein‘.“

Was wünschst Du Dir noch für dieses Jahr?

„Ich möchte wieder Events machen, Gäste verwöhnen, zusammen mit meinem Team arbeiten und täglich die Freude empfinden können, die dabei entsteht.“