theatrefragile-foerderprogramme-fuer-kuenstlerinnen

TheatreFragile über Förderprogramme für Künstler*innen

Luzie Ackers und Marianne Cornil, die Gründerinnen des TheatreFragile, standen Anfang 2020 in den Startlöchern für die Premiere ihrer neuen Produktion „ARE YOU READY?“ Dann kam die Corona-Pandemie und hat den beiden einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Für die Künstlerinnen war das jedoch kein Grund, einfach nur zu Hause zu sitzen und abzuwarten, dass alles wieder so wird, wie es mal war. Stattdessen haben sie ihre Köpfe in neue Ideen und einige Förderanträge gesteckt.

In einem anregenden Interview haben die beiden über ihre aktuellen Projekte und verschiedene Förderprogramme für Künstler*innen berichtet. Damit zeigen sie auch anderen Künstler*innen und -Gruppen Möglichkeiten auf, um in Situationen wie dieser etwas für die Gesellschaft und Kultur zu bewegen. Und sie verdeutlichen, dass der öffentliche Raum zunehmend an Bedeutung gewinnt als Ort der Begegnung.

Doch vorab einen kleinen Blick hinter die Kulissen des TheatreFragile, um zu verstehen, warum Luzie und Marianne in puncto Förderprogramme für Künstler*innen bereits viel Erfahrung haben.

Der Ansatz des TheatreFragile

Kennengelernt haben sich die beiden während ihrer Ausbildung zur Mime. Schnell stellten sie fest, dass sie dieselben Intentionen bewegen: künstlerische Ausdrucksformen zu gesellschaftlich relevanten Themen zu erschaffen – und zwar unter Einbindung der Zivilgesellschaft. Somit gründeten Luzie und Marianne vor vierzehn Jahren das TheatreFragile für den öffentlichen Raum.

Für ihre Inszenierungen haben die beiden von Anfang an auf Masken gesetzt, um ihre Botschaften zu übermitteln und in einen Dialog mit ihren Zuschauer*innen zu kommen. „Bei unserer Herangehensweise für neue Projekte legt die Recherchephase die grundlegende Basis. Wir treten mit Menschen, die in dem ausgewählten Thema involviert sind, in direkten Kontakt und führen intensive Interviews, um einen differenzierten Blick auf das Thema zu ermöglichen. Mit dieser Grundlage erschaffen wir interaktive, vielschichtige Inszenierungen für den öffentlichen Raum“, ergänzt Marianne. 2008 riefen sie beispielsweise die Produktion „Wir treffen uns im Paradies“ ins Leben – eine theatrale Collage über Flucht und Exil.

Förderprogramme für Künstler*innen – damit kennt sich TheatreFragile aus

Förderprogramme für Künstler*Innen

Die Premiere ihrer Produktion “ARE YOU READY?” wäre im Frühjahr 2020 gewesen.

Ihre neueste Produktion „ARE YOU READY?“ zum Thema Klimawandel hätte im Mai diesen Jahres Premiere gefeiert. Aufgrund von Corona ist sie auf 2021 verschoben worden. Bereits in 2019 hat das TheatreFragile für dieses Projekt Fördermittel bei der Regional Kulturförderung nrw, Fonds Soziokultur, Stiftung Mercator und Stadt Detmold beantragt – und erhalten. Voraussichtlich werden die Fördergelder sogar noch aufgestockt. „Unser Glück ist, dass wir als Theater für den öffentlichen Raum schon von Anbeginn Förderprogramme für Künstler*innen in Anspruch genommen haben und uns daher mit der Thematik und der Antragstellung gut auskennen“, sagt Luzie.

Das ist mitunter einer der Gründe, weshalb die beiden mit Einbruch der Pandemie nicht in eine Schockstarre gefallen sind, sondern schnell reagiert und überlegt haben, was sie aus der Situation heraus für die Kultur und Gesellschaft bewirken und bewegen können. Entstanden war die Idee zu dem Rechercheprojekt „body public space (how to meet in distance)“. Schon wenige Wochen nach dem ersten Lockdown hatten sie dafür die Förderbestätigung des Fonds Darstellende Künste für den Zeitraum Mitte Mai 2020 bis August 2020 in der Tasche. Der Fonds Darstellende Künste hat es in diesem Jahr geschafft, das Ministerium dazu zu bewegen, rund 60 Millionen Euro Gesamtfördergelder für kulturelle Projekte bereitzustellen“, berichtet Luzie.

Maßnahmenpaket #TakeThat zur Förderung von Künstler*innen/-gruppen

Im Rahmen von „NEUSTART KULTUR“ (Konjunkturpaket zum Erhalt und zur Stabilisierung der Freien Darstellenden Künste; finanziert von Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM)) nahm der Fonds das Maßnahmenpaket #TakeThat auf. Dieses umfasst sechs Programme die sich an frei produzierende Künstler*innen/-gruppen aller Sparten und Produktionsorte und Festivals der Freien Szene in Deutschland richten.

Wir haben den Antrag für unser Projekt ‘body public space (how to meet in distance)’ bei der #takecare-Initiative des Maßnahmenpakets gestellt. Dieses Programm fördert Recherchevorhaben für Künstler*innen. Zusätzlich erhielten wir die #takeaction-Förderung für 2021 und eine Finanzierung für die Interventionen im Rahmen des Projekts durch das Kulturteam der Stadt Detmold. Im Oktober 2020 startete unser Mentoring-Programm (finanziert vom Landesbüro NRW) sowie das zweite #takecare-Projekt“, erklärt Marianne. Die Projekte haben Luzie und Marianne auf ihrer Webseite dokumentiert und es sind einzelne Blogs entstanden.

Mehrere Förderprogramme für Künstler*innen in einem Jahr sind möglich

Dass es sogar möglich ist, innerhalb eines Jahres mehrere Förderungen zu erhalten, stellt das TheatreFragile unter Beweis. Denn aktuell laufen die Recherchen zu einem weiteren Projekt, das ebenfalls von der #takecare-Initiative gefördert wurde, auf Hochtouren. Es trägt den Titel: „von hier aus“. Mit diesem Projekt suchen Luzie und Marianne nach Lösungen, um Motive aus dem Repertoire von TheatreFragile auch in außerordentlichen Situationen wie der Corona-Pandemie “spielfähig” zu machen. Dazu stehen nicht nur viele Onlinerecherchen und wöchentliche Onlinetreffen auf dem Plan, sondern das Team wird zudem im Januar und Februar in Detmold mit Interventionen in der Stadt unterwegs sein.

An ihr derzeitiges Rechercheprojekt „von hier aus“ knüpft auch gleich die nächste Produktion an, auf die sich die beiden spürbar freuen! “Wie du in den Wald hineinrufst…“ ist eine Projektidee, die während des ersten Lockdowns entstand. „Das Bedürfnis sich mit dem Wald zu beschäftigen, entstand bereits während unserer Produktion ‘ARE YOU READY?’, bei der es um den Klimawandel geht. In der Anfangsphase der Corona-Pandemie kam dann noch der Begriff ‘Spaziergang’ ins Spiel und inspirierte uns zu dem neuen Projekt“, so Luzie. Nicht nur die Schließung sämtlicher Begegnungsstätten, sondern insbesondere die Isolation in den eigenen vier Wänden bewegte viele Menschen im Frühjahr dazu, in Spaziergängen Ausgleich und Entspannung zu finden. „Spazieren hat etwas Meditatives. Und der Wald transportiert das Gefühl, mit der Natur und sich selbst im Einklang zu sein“, ergänzt Marianne.

Projektidee mit langfristiger Perspektive

Mit diesem Projekt möchten Luzie und Marianne eine langfristige Perspektive schaffen. Gefördert von dem Fonds Soziokultur – NEUSTART KULTUR werden sie im Projektzeitlauf Januar bis September 2021 intensive Recherchearbeiten leisten. „Wir werden mit Menschen in Kontakt treten, die durch ihren Beruf oder auch durch persönliche Interessen mit dem Wald verbunden sind – wie zum Beispiel Förster oder leidenschaftliche Spaziergänger. Unser Ziel ist es, die unterschiedlichen und vielschichtigen Perspektiven über den Wald zu kreuzen und unsere Erkenntnisse in eine fünftägige Installation einfließen zu lassen, die Menschen Corona-konform erleben können“, so Marianne.

Wie genau diese Installation aussehen wird, entwickelt sich durch die anstehenden Interventionen und Interviews. Fest steht für die beiden aber schon jetzt, dass der öffentliche Raum durch die derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen eine ganz neue Dimension bekommt. „Der Fokus auf den öffentlichen Raum als Ort der Begegnung, Reflexion und Forschung wird immer stärker“, sagt Luzie mit einem freudigen Lächeln im Gesicht. Genau diese Entwicklung möchten die beiden aktiv vorantreiben.

Potenzial und Chancen für den öffentlichen Raum durch Corona

Förderprogramme füer Künstler*Innen

Interventionen im öffentlichen Raum für das Projekt “WIR TREFFEN UNS IM PARADIES”, eine theatrale Collage über Flucht und Exil.

Die Ermöglichung dieser Recherche- und Forschungsarbeiten durch die Förderprogramme für Künstler*innen wertschätzen Luzie und Marianne sehr. Sie sehen in der aktuellen Lage durch die Corona-Pandemie großes Potenzial für die Zukunft der Kultur im öffentlichen Raum. „Wir haben festgestellt, dass viele Künstler*innen in den vergangenen Monaten aus der Not heraus viel experimentiert haben. Und die Ergebnisse sprechen nicht nur für die Kreativität unserer Branche, sondern auch für die schnelle Reaktionsfähigkeit. Recherche- und Forschungsarbeiten für Kunst und Kultur im öffentlichen Raum gewinnt zunehmend an Relevanz. Wir sehen daher großes Potenzial darin, dass sich zum einen die Kulturämter, aber vor allem auch die Politik dieser Thematik mehr öffnen. Unsere Hoffnung ist, dass die Politik endlich die wirkliche Relevanz für Kunst im öffentlichen Raum sieht und dass somit zukunftsorientierte Konzeptentwicklungen für Künstler*innen angestoßen werden. Wir denken dabei beispielsweise an eine Art Grundeinkommen für Künstler*innen zusätzlich zu der Unterstützung durch die Künstlersozialkasse“, so Luzie und Marianne.

An dieser Vision halten Luzie und Marianne von TheatreFragile nicht nur voller Überzeugung fest. Sie setzen sich auch tatkräftig mit ihren Recherchearbeiten und Produktionen für diese Vision ein. Wir sind sehr gespannt, wie sich ihre Projekte weiterentwickeln und welche Erkenntnisse sie im Laufe der nächsten Monate daraus ziehen werden. Denn eines haben wir alle in den vergangenen Monaten gelernt: Vorhersehbar ist aktuell gar nichts!