Stefan Rössle

“Wir sind und bleiben Live-Junkies”

Wie bist Du dahin gekommen, wo Du warst, bevor Sars-CoV-2 kam?

31 Jahre Kontrapunkt war ständige Aufbauarbeit, schnelles Reagieren auf sich ständig veränderte Marktsituationen und dabei immer ein gewisses Augenmaß für die Entwicklung der Agentur. Die Entwicklung von einer reinen produzierenden Eventagentur hin zu einer strategisch denkenden Markenkommunikationsagentur war dabei der wichtigste Schritt im Laufe der letzten Jahre vor CoV-Langjährige, gewachsene Kundenbeziehungen verhalfen zu einem verlässlichen Auftragsaufkommen, Rahmenverträge und wiederkehrende Veranstaltungen und Kommunikationsmaßnahmen brachten Sicherheit für die Agentur und ihre Mitarbeiter. Bei aller harten Arbeit – oft über das Normmaß an Arbeitszeit hinaus – befanden wir uns in einer Art Komfortzone.

Wie sieht Deine jetzige Situation aus?

Mit 56 Lebensjahren fragt man sich schon: “braucht man das nun, kurz vor Vollendung der Berufslaufbahn?” Der Live-Kommunikationsmarkt liegt (zur Zeit) am Boden und nun geht es darum, die richtigen Überlebensstrategien auszupacken, um am Ende diese Zeiten als Agentur zu überleben. Natürlich haben sich Live-Kommunikationsmaßnahmen auch vor CoV-2 geändert, mit der zunehmenden Digitalisierung mussten wir auch schon vor der Pandemie umgehen lernen. Aber seitens der Kunden und der beratenden Agenturen gibt es aus meiner Sicht noch keine “fertigen” Alternativlösungen für Events, die durch dieses disruptive Ereignis unmöglich gemacht geworden sind. Auch wir beschäftigen uns mit Streaming-Lösungen, aufwändig gestalteten 3-D-Welten, elektronischen Interaktionen usw., aber weder das Gefühl, die Eindringlichkeit von Botschaften, das Miteinander Genießen noch die wirtschaftlichen Kennzahlen sind für uns ein vollständiger Ersatz des Kerngeschäfts. Wir sind und bleiben Live-Junkies!

Was sind Deine Wünsche und Hoffnungen?

Perspektive! Das ist das Wichtigste in diesen Zeiten. Ein verlässlicher, einschätzbarer Fahrplan, wann unsere Branche – und damit meine ich auch all die Spezialisten, die zusammen mit den Agenturen in der Vergangenheit tolle Live-Momente geprägt haben – wieder kreativ werden darf und kann. Dazu braucht es Rahmenbedingungen der Politik, Vertrauen der Kunden in die Live-Maßnahmen und den Willen der Agenturen, sich unter veränderten Bedingungen als leistungsfähig zu präsentieren.

Diese Zeit wird tiefe Einschnitte in unserer Branche hinterlassen. Ich wünsche mir, dass die agilen, zukunftsorientiert aufgestellten Teams und Player nicht zum Aufgeben gezwungen werden, sondern der Kreativstandort Deutschland auch in Zukunft leidenschaftliche Live-Macher zeigt, die diese wundervolle Branche vorantreiben und neu erstarken lassen.