Sebastian Pufpaff: Noch nicht Schicht!

Ohne Joker – Sebastian Pufpaff über die Heldinnen unserer Zeit

„Krise? Welche Krise?

Wer Heldinnen hat, der hat keine Krise. Und was haben wir Heldinnen: Baerbock, Scholz und Laschet. Wir müssen jetzt nur noch wählen, wer von unseren Heldinnen am ehesten die Kombination aus Punisher und Wonder Woman darstellt. Die Personalisierung der Politik hat ihre Vollendung erreicht. Die Erlöserin, der Erlöser tritt an die Stelle programmatischer Inhalte einer Partei. Ich möchte nicht von Führungspersonen als Heilmittel einer demokratischen Krise sprechen, da Heilmittel ein eher schwieriger Begriff ist. Da geht einem ganz schnell der rechte Arm hoch und die Demokratie flöten. ABER…in Berlin ist es mittlerweile ähnlich wie in Hollywood. Krisen brauchen Superheldinnen. Und Superheldinnen brauchen Krisen. Seit Jahren hält sich entsprechend der cineastische Trend Weltretter rettet Welt und das gerne in Form von Iron Man, Batman, Spider-Man oder auch gleichberechtigungsaufholgerecht Wonder Woman, Black Widow oder Stargirl.

Weiterer Trend sind Rachefilme oder Vergeltungsmovies. In diesen Filmen voll katalytischer Gewalt übt die Heldin vollkommen gerechte und berechtigte Selbstjustiz aus. Ich muss gestehen, das tut gut. Wenn Sie tagsüber an der Fleischtheke angerempelt, Ihnen der Parkplatz vor der Nase geklaut oder Sie von irgendeinem Blödmann mal wieder angeraunzt wurden, dann abends 90 Minuten Vergeltung und Sie schlafen wie ein Baby. Interessant und nachdenklich machend ist die Vorstellung, dass es Menschen gibt, die vielleicht mich für den Endgegner halten und meinetwegen den Vergeltungsfilm schauen. Aber lassen wir das, denn wir haben Recht und die anderen sind schuld.

Das Äon des Comics, so dürften Archäologen unsere Ära zusammenfassen. Die Superheldinnenfilme sind ja nichts anderes, als die Satire unserer Welt, die Überhöhung der Tatsächlichkeit. Mittlerweile gibt es nur einen Makel, die Realität scheint die Fiktion nicht nur eingeholt, nein, sogar überholt zu haben. Ob Xi Jinping, Putin, Bolsonaro, Kim Jong-Un oder der frühere Präsident Trump, sie alle überflügeln in ihrer pervertierten Realitätsverklärung einen Pinguinmann oder Joker um ein Vielfaches.

Ist nicht der Riddler einem Andreas Scheuer unterlegen, weil wir beim Andy deutlich mehr Fragezeichen verspüren als beim Comicschurken? Der Höhepunkt der Parallelen in Sachen Comic und Realität findet sich jetzt in der Findung des deutschen Ks wieder. Wer wird Kanzlerin? Catwoman oder Superman? Baerbock oder Laschet? Betrachtet man die Vergangenheit des Berliner Biotops, so fällt doch auf, dass es den Protagonisten entweder an Selbstlosigkeit mangelt oder die teflonhafte Zurückhaltung obsiegt. Das wollen wir beides nicht. In der Krise braucht man Führung. Also, wer ist die Heldin oder der Held unserer Zeit? Bedenklich stimmt hier, wer am Boden liegt, der stellt keine Fragen nach der Richtigkeit. Der wägt nicht ab und sucht nach Argumenten, sondern will einfach nur eine schnelle Lösung. Alle Macht geht vom Volke aus, so will es die Demokratie, aber in der Krise will das Volk diese Macht gar nicht haben. Wir wünschen uns den parentalen Schoss der Verantwortungslosigkeit, in dem wir knatschend, weinend, jammernd die Verantwortung abgeben können. Ach, gäbe es doch nur wahre Superheldinnen.

Und jetzt? Vergessen Sie die Vergangenheit. Ziehen Sie einen Strich drunter. Blicken Sie in die Zukunft und fragen Sie sich, was will ich? Formulieren Sie Ihre Wünsche und dann schauen Sie ganz genau hin, was das aktuelle Angebot unserer Superheldinnen zu bieten hat.