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Recruiting: Der Branchen-Roundtable zur Personalgewinnung

Holger Fährmann von People & Project, Headhunting / Executive Search über Recruiting

Holger Fährmann von People & Projects, Headhunting / Executive Search über Recruiting

Die Boomer verlassen ihre Positionen und gehen in Rente. Die Demografie schiebt weniger Nachwuchs in die Lücken. Es ist ein Markt für Arbeitende. Der Fachkräftemangel gefährdet sogar das Wirtschaftswachstum, sagen die Wirtschaftsweisen. Wie sieht die Situation in der Veranstaltungsbranche aus? showcases fragt nach der Expertise von Ausbildenden, einer Agenturchefin und einem Headhunter, was die Situation um Nachwuchs- und Personalgewinnung aktuell betrifft. Gemeinsam wagen sie sogar eine Prognose für das Jahr 2024. Die Expert:innen sind Holger Fährmann von People & Projects, Headhunting / Executive Search, Michael Hosang, Geschäftsführer des Studieninstituts für Kommunikation, Sabine Mayer, Nachfolgerin beim treibhaus – AgenturCampus für Kreativ Konzeption und Vera Viehöfer, CEO bei Geno Kom Werbeagentur GmbH und Ereignishaus – Live-Marketing.

Wie unterscheiden sich Bewerber:innen der Generation Z von Bewerber:innen der Generation Golf oder den Boomer:innen?

Vera Viehöfer: Die Generation Z zeichnet sich tendenziell durch eine geänderte Einstellung zur Arbeit aus. Sie streben nach Veränderung und Sinnhaftigkeit. Lehren und Lernen haben sich damit zu einem wechselseitigen Auftrag entwickelt. Dabei möchte ich allen raten, die Abgrenzung der Generationen nicht zu genau zu nehmen. Wir reden hier über Sozialisierung und die findet nicht in festgelegten Grenzen statt. Generationen färben immer auch bis zu einem gewissen Grad aufeinander ab und im besten Fall lernen sie eben voneinander.

Michael Hosang, Geschäftsführer des Studieninstituts für Kommunikation

Michael Hosang, Geschäftsführer des Studieninstituts für Kommunikation

Michael Hosang: Im Grunde genommen gibt es klare Trennlinien. Bewerber:innen der Generation Golf/Generation X werden gerne als egoistisch und hedonistisch bezeichnet. Sie arbeiten in gut bezahlten Jobs und streben nach Stabilität und (materieller) Sicherheit. Die geburtenstarken Boomer:innen hingegen zeichnen sich durch ihre starke Arbeitsmoral, Loyalität und Zuverlässigkeit aus, sind diszipliniert und fokussiert.

Holger Fährmann: Die Bedürfnisse der Generation Z sind vielseitiger und vielschichtiger als die der vorangegangenen Generationen. Geprägt von Nachhaltigkeit, Purpose und einer klaren Trennung zwischen Arbeits- und Berufsleben. Für diese Generation muss einfach alles passen. Sie ist kompromissloser, allerdings auch leistungsbereiter als alle vorherigen Generationen.

Sabine Mayer: Ich bin kein Fan der Generationen-Cluster. Was machen wir jetzt mit diesen Schubladen? Letztendlich beinhalten sie unsere Ansprüche an Zusammenarbeit. Ich glaube daran, dass wir stärker nach Gemeinsamkeiten suchen sollten, statt uns in Unterschieden zu separieren. Alle Generationen können voneinander lernen. Dazu müssen wir nur die Bereitschaft mitbringen, unser Gegenüber wirklich zu sehen.

Zu welcher Generation gehöre ich?

Jahrgänge 1946 bis 1964: Boomer

Jahrgänge 1965 bis 1979: Generation X / Golf

Jahrgänge 1980 bis 1993: Generation Y / Millennials

Jahrgänge 1994 bis 2012: Generation Z / Youtube

Treten jetzt mehr oder weniger Unternehmen an euch heran?

HF: In den letzten Jahren stieg die Anzahl der Unternehmen, die unsere Unterstützung in Anspruch nahmen, stetig. Aufgrund der Arbeitsmarktsituation kommt es für Unternehmen immer mehr darauf an, einen guten Mix an Rekrutierungstools zu nutzen. Hierzu gehört auch unbedingt der Einsatz von Personalberatungen.

MH: Aufgrund der Tatsache, dass wir in den letzten 25 Jahren eine Menge an Expert:innenwissen im gesamten Kommunikationsmarkt vermittelt haben und darüber hinaus einen »guten Draht« zu vielen Alumnis pflegen, stehen wir – wie wahrscheinlich auch andere Bildungsbetriebe mit einer ähnlichen Angebotsspezifik – im Fokus der Personal-Nachfrage. Dies verwundert nicht, da sowohl der Mangel an Fachkräften als auch die enorm hohe Wechselbereitschaft unter den Arbeitnehmer:innen so hoch wie noch nie ist.

SM: Die Treibhaus-Gründerin Annette Bayer hat ein großartiges Netzwerk an Partner-Agenturen aufgebaut, auf das ich in den letzten zweieinhalb Jahren aufsetzen konnte. Ich habe besonders die Expertise der dozierenden Agenturen weiter ausgebaut und konnte zum Beispiel Atelier Brückner und Jung von Matt für die Zusammenarbeit gewinnen. Was die teilnehmenden Agenturen anbelangt, so überschreitet die Nachfrage die verfügbaren Plätze jedes Jahr wieder.

Vera Viehöfer, CEO bei Geno Kom Werbeagentur GmbH und Ereignishaus – Live-Marketing

Vera Viehöfer, CEO bei Geno Kom Werbeagentur GmbH und Ereignishaus – Live-Marketing

VV: Tatsächlich ist das Thema Arbeitgebermarke und Recruiting gerade sehr gefragt. Das sieht man auch an der starken Tendenz der Spezialisierungen in der Kommunikationsbranche. Spezialisten für Employer Branding, für Social Media Recruiting, für Active Sourcing usw. schießen aus dem Boden und werben mit der intimen Kenntnis über die Generationen und Zielgruppen. Auch wir haben eine eigene Marke in der Gruppe, unter der wir die Kompetenz im Bereich Employer Branding bündeln.

Welche Forderungen stellen Unternehmen/Agenturen heute?

SM: Die Agenturen haben hohe Erwartungen. Oft sind handwerklich kreative Skills gefragt. Viele suchen Talente, die sofort auf die laufenden Projekte aufgegleist werden und direkt in den Kund:innen-Kontakt gehen können. Gefragt sind Konzeptioner:innen, die hinterfragen, lösungsorientiert denken und den Kund:innen souverän und auf Augenhöhe begegnen.

HF: Aus meiner Sicht sind die Forderungen, die Unternehmen und Agenturen heute an uns stellen, seit jeher dieselben: den richtigen Kandidaten in kürzester Zeit zu finden.

VV: Gesucht werden Innovator:innen und Überzeugungstäter:innen. Die Herausforderung liegt darin, die Unternehmen so zu gestalten, dass sie für solche Talente attraktiv sind, was sich auf Recruiting und Mitarbeiter:innenbindung auswirkt.

MH: Lernformate werden in Teilen unabhängig von Raum und Zeit und zugleich sinnstiftend und motivierend vermittelt, gerne zusammen mit dem Bildungspartner entwickelt. Viele Personaler:innen legen hier bereits den Fokus auf flexible und individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten – Digitalkompetenz auf beiden Seiten vorausgesetzt.

Welche Aufstiegschancen bietet die Branche und wie erwirbt man dafür am besten die Qualifikationen?

VV: Traditionelle Qualifikationen treten in den Hintergrund, während Soft Skills und soziale Kompetenzen wichtiger werden. Kooperation gewinnt an Bedeutung gegenüber Konkurrenz, und gemeinsamer Erfolg wird hochgeschätzt. Wir suchen eher die lösungsorientierten Kreativen und neben den Spezialisten natürlich vor allem Menschen mit Schnittstellen- und Umsetzungskompetenz. Lebenslanges Lernen wird von der Kür zur Pflicht!

Die Talente dürfen sich selbst die Entwicklungszeit gönnen und die Agenturen dürfen ihre Ausbildungsverantwortung wahrnehmen. Dann gelingt auch der individuell passende nächste Schritt.

SM: Viele unserer Absolvent:innen sind mittlerweile in leitenden Positionen, bis zum CCO haben sie es geschafft. Einer meiner Alumnis hat es ganz passend formuliert: »Wenn man das, was man in einem Jahr Treibhaus lernt, sofort alles zu hundert Prozent beherrschen würde, könnte man sofort als CD einsteigen.« Das bringt es auf den Punkt: Die Talente dürfen sich selbst die Entwicklungszeit gönnen und die Agenturen dürfen ihre Ausbildungsverantwortung wahrnehmen. Dann gelingt auch der individuell passende nächste Schritt.

MH: Der Veranstaltungsmarkt bietet zahlreiche Aufstiegsoptionen und Zusatzqualifikationen. Quereinsteiger:innen wiederum qualifizieren sich mit Zertifikatskursen zum oder zur Eventmanager:in (IHK) oder ähnlichen Angeboten im Projektmanagement oder Marketing – wahlweise mit oder ohne IHK-Prüfung.

HF: Es gibt eine Vielzahl von Aufstiegschancen in dieser Branche. Vom Junior zum Senior über Projekt- und Teamleitung bis hin zu strategischen Rollen oder Managementpositionen wird hier alles geboten. Als Basis geht meist eine fundierte Ausbildung oder ein Studium voraus. Die Erweiterung der eigenen Qualifikationen kann über viele Wege wie spezialisierte Weiterbildungszentren, Coachings, interne bzw. externe Weiterbildung, Workshops, Online-Learning-Plattformen etc. erfolgen. Es ist für jede und für jeden etwas dabei. Anwendungen in ihre Lösungen integrieren. Das ist ein bisschen riskant, weil an vielen Stellen die Rechtslage, was Urheberrechte etc. angeht, noch nicht abschließend geklärt ist. Aber wo große Chancen winken, sind Unternehmen eben bereit, große Risiken einzugehen.

Sabine Mayer, Nachfolgerin beim treibhaus – AgenturCampus für Kreativ Konzeption

Sabine Mayer, Nachfolgerin beim treibhaus – AgenturCampus für Kreativ Konzeption

MH: Auf unser Kerngeschäft bezogen, wird der Aus- und Weiterbildungsmarkt mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Bereits seit einiger Zeit spüren wir eine vermehrte Nachfrage nach Führungskräftetrainings – Schwerpunkte Personalbindung, Motiva- tion und Mitarbeiter:innenzufriedenheit. Es ist davon auszugehen, dass Unternehmen ihre Budgets – gerade in Zeiten der Personalknappheit – erhöhen (müssen), um ihren Mitarbeiter:innen Karrierewege aufzuzeigen. Mit einer Mischung aus neuen, modernen Ansätzen sowie der vorhandenen Methodenkompetenz gelingt auch die zeitgemäße Vermittlung digitaler Weiterbildungselemente problemlos.

SM: Besonders im Hinblick auf KI glauben wir daran, dass sich die Qualität der Kreation und die Relevanz der Eventbranche weiter steigern wird. Plötzlich werden Konzeptioner:innen zu 3D-Artists. KI wird zum wertvollen Tool an unserer Seite und das Event wird zum höchsten Gut. Denn in Zukunft wird mir nur das echte Erlebnis eine Garantie liefern, dass dieser Moment wahr und unverfälscht ist. Wir glauben an die Kraft der Live-Kommunikation.

Danke für euren Beitrag!