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One-Man-Band „Universal Druckluft Orchester“ sorgt für Stimmung

Es klappert, pfeift und zischt wie aus einer Dampfmaschine, als ich die Werkstatt von Peter Till, der Ein-Mann-Band „Universal Druckluft Orchester“ – „UDO“ – betrete. Hinter einem bunten Kunstwerk aus verschiedenen Gegenständen, Zahnrädern und Holz taucht der haarlose Kopf von Peter Till, kurz Till, auf und er wischt sich die öligen Hände an einem Tuch ab. Einen Musiker hatte ich mir ja irgendwie anders vorgestellt, schießt es mir durch den Kopf, bevor mein Blick auf das Ungetüm fällt, an dem er gerade herumgewerkelt hat. Das Gebilde steht auf Rädern, genauer gesagt auf drei, die sich als Ape entpuppen. Straßentauglich ist die italienische Mischung aus Roller und Auto sicher nicht mehr, denn oben drauf tummelt sich wie auf einer Mini-Bühne ein ganzes Sammelsurium von Instrumenten: Ein Klavier, ein Schlagzeug, ein E-Bass und eine Melodika – alles irgendwie miteinander verbunden und mit jeder Menge undefinierbarer Teile aus Blech, Kabeln, Glühbirnen und Metallfedern bestückt. Und ganz oben über UDO schwebt ein Sonnenschirm aus gelben Fransen. Im Stil erinnert mich die ganze Kombo irgendwie an Steam Punk.

Vom Werkzeugmacher zur One-Man-Band

Peter Till ist mit seinem UDO eine One-Man-Band

Peter Till ist mit seinem UDO eine One-Man-Band

„Ich habe im ersten Leben mal Werkzeugmacher gelernt“, erzählt Till. „Daher kommt auch meine Idee, aus Maschinen Musik zu machen.“ Dazu noch ein Fabel für das mechanisierte Zeitalter von Jule Vernes und fertig ist die wilde Mischung aus Nautilus und One-Man-Band. Denn so unübersichtlich das Ganze auch aussehen mag, Till bedient seine Instrumente allein. Und er hat sie auch komplett selbst zusammen gebaut, modifiziert und programmiert. Seit rund 20 Jahren ist er mit seinem UDO auf den unterschiedlichsten Bühnen unterwegs.

Ursprünglich baute er die Orchester-Ape für ein Theaterstück in Dresden. Darin ging es um einen tragischen Alleinunterhalter. Warum nicht ausprobieren, ob das auch in der Realität funktioniert, dachte er sich, als das Stück abgespielt war und stellte sich mit seiner Kompakt-Band kurzerhand in einen Park. Und er kam richtig gut an. Aus der improvisierten Straßenmusik wurde eine Geschäftsidee. „Ich habe Glück gehabt“, verrät Till mir sein Erfolgsrezept. „Ich kann leidlich als schlechtester Klavierspieler mein Piano bespielen, kann außerdem auch noch reden und die Leute unterhalten – habe also von allem etwas dabei.“

Davon werde ich mich später noch überzeugen dürfen. Doch zunächst muss er noch ein letztes Brett anpassen. Till hat die Zwangspause der letzten Monate gut genutzt und sein Gefährt wieder auf Vordermann gebracht. Einen neuen Bühnenboden hat er gebaut, seine Sitzposition etwas besser an seine Körpergröße angepasst und auch ein paar neue Instrumente entwickelt. „Im Inneren der Instrumente ist viel los“, sagt er. „Ich lege viel Wert darauf, dass die Leute sehen, was sie hören.“ Also hat er kurzerhand kleine Fenster in sein Piano eingebaut, damit man die Hämmer sehen kann.

Feintuning: Instrumente wippen im Takt mit

Die One-Man-Band lässt sich nicht auf ein Genre festlegen.

Die One-Man-Band lässt sich nicht auf ein Genre festlegen.

Eine halbe Stunde später hat er sein praktisches Werkstatt-Outfit gegen einen hellblauen Smoking getauscht und sitzt am E-Piano. Auf dem Kopf trägt er eine antiquierte Fliegerbrille. Kaum berührt er mit seinen Fingern die Tasten ist er nicht mehr zu halten. „Smoke on the water“ ertönt in einer etwas schrägen Version mit Melodika, während die einzelnen Instrumente im Takt „rocken“ und der Sonnenschirm auf und ab springt. Das Ganze ist computergesteuert; optimal aufeinander abgestimmt in stundenlangem Feintuning, hat mir Till zuvor verraten. Während Schlagzeug und Bass automatisiert spielen, begleitet Till live am Klavier. Die Melodika ist auch so programmiert, dass die Tasten automatisch gedrückt werden. Till muss nur noch ins Mundstück pusten. Und daraus macht der Alleinunterhalter eine wahre Show, die mich wirklich mitreißt. „Es ist auch ein Augenerlebnis. Und es gefällt Jung und Alt.“ Das nehme ich ihm sofort ab.

In ein Genre lässt sich die One-Man-Band nicht pressen. Von französischer Musette über Western-Film-Musik bis hin zu modernen Songs hat Till ein breit aufgestelltes Repertoire, das er an die jeweilige Stimmung seines Publikums anpasst. „Wenn ein Lied zu Ende ist, weiß ich oft noch nicht, was ich als nächstes spiele. Ich mache das nach Gefühl und Wellenschlag“, sagt er.

Inzwischen erklingt Boney M.s „Daddy cool“ durch die Werkstatt. Tills großer Pluspunkt ist seine Autarkie: „Ich brauche nur eine Steckdose“, erklärt er. Und er kann sogar den Standort wechseln. Tatsächlich kann er seine Ape mit einem kleinen Elektromotor wahlweise als Showelement auf die Bühne oder über drei Rampen in den Transporter fahren.

Als Till das nächste Mal ein Werkzeug in die Hand nimmt, ist es Teil der Show: Mit einer umgebauten Flex lässt er an einer Trommel die Funken fliegen. Eine One-Man-Band-Show für Ohren und Augen. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es in zwei kurzen Videos auf seiner Internetseite. Klickt euch hier mal rein.