Atemzug beim Labor Cirque

Labor Cirque

Eine dunkle Manege. Im Spotlight steht Natalie Reckert im Handstand. Währenddessen kommen im Halbdunkeln nacheinander 12 Artisten auf die Bühne. Parallel zueinander beginnt jeder einzelne, seine eigene artistische Kunstform darzustellen. Es wird geturnt, gesungen, getanzt, Hula-Hoop-Reifen wirbeln durch die Luft und sanft erklingen die Töne einer Geige, gespielt von Anna Neubert – und Natalie steht immer noch im Handstand. Ganze zwölf Minuten lang.

Forschung im Namen des Cirque Nouveau

Das ist die erste Szene des Abschluss-Symposiums des bisher einzigartigen Research-Projekts „Labor Cirque“. Unter diesem Arbeitsbegriff führte das ZAK – „Zirkus und Artistikzentrum in Köln“ in Zusammenarbeit mit dem Kölner Verein „Atemzug“ und mit der „Initiative Neuer Zirkus“ ein Forschungsprojekt zum Neuen Zirkus in Deutschland durch. Denn diese in den frankophonen Ländern und in Skandinavien und England bereits etablierte zeitgenössische Kunstform beklagt in Deutschland eine noch zu geringe Bekanntheit.

Zirkusartistik in Verbindung mit Theater, Tanz und Musik

Dabei versteht sich die Kunstsparte „Cirque Nouveau“ als spartenübergreifende Bühnenform, bei der Zirkusartistik in Verbindung mit anderen Kunstformen wie Theater, Tanz und Musik gebracht wird. Und genau dieser interdisziplinären Kunstform gibt das Labor Cirque einen Wirkungsort. Konkret befasste sich das Labor mit der Frage, wie sich die unterschiedlichen Genres, die im Neuen Zirkus zusammenfinden, gegenseitig bereichern können.

Plattform zum Experimentieren

Hierfür wurde zusammen mit 15 professionellen Artisten, Tänzern, Pantomime-Künstlern und Musikern eine Plattform zum Experimentieren entwickelt. Und das ganz ohne kommerziellen Erfolgsdruck. Die praktische Recherche des Labor Cirque war aufgeteilt in fünf Labore mit jeweils einem Impuls-Künstler, der den Rechercheprozess anstoßen sollte. An insgesamt 21 Tagen wurde miteinander gearbeitet, geforscht, ausprobiert und diskutiert. Diese Forschungsphase wurde von einem Kamerateam von der Kunsthochschule für Medien begleitet.

Beeindruckende Präsentation der Ergebnisse

Die Ergebnisse der ersten Arbeitseinheiten wurden anschließend auf dem Symposium gezeigt. Obwohl es keine ausgearbeitete Inszenierung, sondern nur Ausschnitte aus Improvisationen zu sehen gab, waren die Arbeitsproben beeindruckend. Projizierten die interdisziplinären Kunstformen doch außergewöhnliche Bilder und zeigten eine ungeheure Vielfalt. Im Anschluss an die Vorstellung fand eine Podiumsdiskussion statt, die eine Gegenüberstellung verschiedener künstlerischen Positionen in Bezug auf die szenische Umsetzung im zeitgenössischen Zirkus beleuchtete.

Emotionen der Künstler und Dozenten

Deutlich spürbar waren die Emotionen der Künstler und Dozenten, die das Labor Cirque als „einschneidende Erfahrung“ empfanden. Vielen Künstlern ermöglichte das Forschen und Ausprobieren in alle Richtungen und ohne Einschränkungen eine klarere Sicht auf die eigene künstlerische Kreation und führte zu mehr Bewusstsein auf der Bühne.

Die gesamte Recherche wurde filmisch dokumentiert. Daraus entstanden ist ein Film, der bei der Premiere der Gastspielreihe des Labor Cirque Anfang Oktober 2013 in Köln präsentiert wurde.

Förderung von deutschen Ensembles

Denn ein weiterer wichtiger Bestandteil des Labor Cirque Projektes ist die Bekanntmachung des Neuen Zirkus in Deutschland und die Förderung von deutschen Ensembles. Um deutsche Zirkusartisten vermehrt zum konzeptionellen Arbeiten anzuregen und den Neuen Zirkus als künstlerischen Schwerpunkt langfristig zu etablieren, lud das Labor Cirque zudem fünf deutsche Neue Zirkus-Stücke nach NRW ein. Zu sehen gab es außergewöhnliche Performances aus Artistik, Tanz und Physical Theatre.

Bühnenproduktion als NRW-Tour

Auch in diesem Frühjahr 2014 arbeitete das Research-Projekt Labor Cirque in neuen Forschungslaboren, um tiefer auf jene Fragen einzugehen und neue Antworten zu finden, die sich aus dem ersten Labor Cirque ergeben haben. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen werden über den Sommer reifen und ab September auf einer NRW-Tour in Form einer ausgearbeiteten Bühnenproduktion zu sehen sein. Die Premiere findet am 20. September 2014 in Köln statt und Regie führt der Artist, Tänzer, Clown und Choreograph Tobias Wegner.

Labor Cirque wird gefördert durch den LVR Landschaftsverband Rheinland, RheinEnergieStiftung Kultur und das Kulturamt der Stadt Köln.