Transitraum Else London 6.12.2017 by Andreas Schäfer (Custom)

Ein sinnliches Fest für die Kunst – Inspector Barnaby und Pippi Langstrumpf ehren Else Lasker-Schüler

Der »Transitraum Else« basiert auf einer Idee des Co-Chefredakteurs der showcases, Andreas Schäfer, und der Schauspielerin Claudia Gahrke. Inspiriert wurde das Projekt von einem gemeinsamen Besuch einer Ausstellung des rekonstruierten Ateliers des Künstlers Francis Bacon in Dublin. Andreas Schäfer und Claudia Gahrke entschieden sich, mit dem Zentrum für Verfolgte Kunst in Solingen und der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft Wuppertal, zusammenzuarbeiten, um eine Veranstaltungsreihe um die Künstlerin Else Lasker-Schüler, die in Elberfeld vor 150 Jahren geboren wurde, in verschiedenen Ländern und Sprachen zu kreieren. Das vermeintliche Chaos des Ateliers von Francis Bacon inspirierte eine mehr oder minder ungeordnete, aber sorgfältig ausgesuchte Anreihung von Gedichten, Prosa und Briefen, vortragenden Schauspielern, Sängern, Wissenschaftlern sowie Aktivisten (live oder per Aufzeichnung).

Claudia Gahrke organisierte zusammen mit Andreas Schäfer die Gedenk-Ausstellung an Else Lasker-Schüler.

Claudia Gahrke organisierte zusammen mit Andreas Schäfer die Gedenk-Ausstellung an Else Lasker-Schüler.

Die Gedichte und Briefe von Else Lasker-Schüler sind vor allen Dingen feinsinnig, amüsant und voll von Herzenswärme. Ihre Zeichnungen sind fantasievoll, lustig und gekonnt. Claudia Gahrke trug diese Texte in Deutsch vor, während die englischen Übersetzungen dazu projiziert wurden. Hinzu kamen kurze einführende wissenschaftliche Vorträge und dann die Lesung in der jeweiligen Landessprache durch prominente Schauspieler wie die Pippi Langstrumpf-Darstellerin Inger Nielsson in Stockholm, die jüdische Grand Dame Lainie Kazan in der Villa Aurora in Hollywood und in England John Nettles, den die ganze Welt als Inspector Barnaby kennt, aber auch als exzellenten Shakespeare-Darsteller und Rezitator. Der ergänzte das Projekt 2017 im Londoner Goethe-Institut und im Oktober 2019 noch einmal im Zentrum für verfolgte Künste in Solingen jeweils vor ausverkauftem Haus. Die sechs Auslandsstationen in Stockholm, Zurich, New York, Los Angeles, London und Dublin wurden vom Auswärtigen Amt gefördert. Die Einspielungen der Gedichte als Tonquelle kamen von der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, dem Künstler Tomi Ungerer, den Schauspielern Iain Glen, Bob Balaban, Bodo Primus, Iris Berben, den Sängerinnen Gilda Rebello, Mary Coughlan oder Krystle Warren. Insgesamt wurde so ein Chor von weiteren 60 Prominenten von Schäfer und Gahrke versammelt, deren Stimmen in eine Soundinstallation im Zentrum für verfolgte Künste eingefügt werden.

Die ehemalige Pippi Langstrumpf-Darstellerin Inger Nielsson hielt die Lesung in Schweden.

Die ehemalige Pippi Langstrumpf-Darstellerin Inger Nielsson hielt die Lesung in Schweden.

Im Mittelpunkt stand verdientermaßen Else Lasker-Schüler. Andreas Schäfer informierte in seiner Einleitung aber auch über weitere verfolgte Künstler wie die Maler Georg Meistermann und Ernst Walsken. Letzter ist in Vergessenheit geraten, obwohl der Widerstandskämpfer einer der wenigen Künstler war, der auch im Konzentrationslager unter Lebensgefahr gemalt hatte. Dort allerdings nicht mit Pinsel auf Leinwand, sondern mit dem Material, dem er habhaft wurde, wie Schuhwichse auf Streichholzschachteln. Damit hielt er das harte Leben der Moorsoldaten im Emsland fest. Solchen Künstlern ist das Solinger Zentrum für verfolgte Künste seit 2015 gewidmet, das von der dortigen Stadt zusammen mit dem Landschaftsverband Rheinland eingerichtet und von der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft mit initiiert wurde.

Es lag nahe, dort den 150ten Geburtstag der Dichterin Else Lasker-Schüler im Jubiläumsjahr mit einer weiteren Station des ≫Transitraums Else≪ zu begehen. John Nettles hatte schon in London begeistert zugesagt, bei weiteren Stationen des Projektes dabei zu sein. Schließlich interessiert er sich auch für geschichtliche Zusammenhänge und hat sich sogar auch als Historiker betätigt und entsprechende Bücher veröffentlicht.

Der aus Inspector Barneby bekannte Schauspieler John Nettles war begeistert von dem Projekt um die Dichterin Else Lasker-Schüler.

Der aus Inspector Barneby bekannte Schauspieler John Nettles war begeistert von dem Projekt um die Dichterin Else Lasker-Schüler.

Die Prominenz der Gäste wie Nettles schafft die Aufmerksamkeit, aber auch Bereitschaft für ein nicht so leicht zu konsumierendes Stück Kunstgeschichte. Das Publikum wird zu einer sinnlichen Auseinandersetzung mit der Problematik verführt und lässt sich auf ein im Ursprung sperriges Thema ein. Das Zuhören wird zum Genuss. Das jeweilige Publikum geizte dann auch nicht mit Applaus. Nicht am pazifischen Ozean, nicht an der Themse und auch nicht an der Wupper. Schäfer und Gahrke hatten das Projekt entwickelt, um an die große deutsche Künstlerin zu erinnern, aber auch über die Problematik der verfolgten Künstler zu informieren und dabei Freude zu spenden. Mission accomplished.