BOE20 – 15.01.2020

Den Wandel aktiv gestalten

Li Listmann, der Head of Marketing & Sales der Westfalenhallen Unternehmensgruppe, und Marvin Boettcher, der Projektleiter der BOE der Messe Dortmund, im Gespräch mit Kerstin Meisner

memo-media: Hallo nach Dortmund, ich freue mich, dass wir nach der BOE connect nun Zeit haben für ein ausführliches Gespräch.

Die Westfalenhallen von oben

Die Westfalenhallen von oben

Ihr guckt zurück auf einen erfolgreichen Start der digitalen BOE connect, die in diesem Juni stattgefunden hat. Erzähl doch mal, was waren für euch ein paar der Kernaussagen?

Marvin: In der Auftakt-Paneldiskussion „Wandel neu gestalten“ machte Marc Weegen, der Abteilungsleiter Markenstrategie und -kommunikation beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, deutlich, wie schmerzlich unsere Branche auch auf Kundenseite vermisst wird. Er bestätigte, dass die Volks- und Raiffeisenbanken ihre Event-Etats nicht reduzieren werden – eher im Gegenteil. Die Kunden der Branche mit ins Gespräch zu bringen, das war uns wichtig und das ist uns gelungen. Nach dem Auftakt diskutierte Uta Goretzki stellvertretend für IFES und ESG mit Bruno und Nikolaus Meissner über die Hybridisierung der Messe- und Eventwelt. Beiden war wichtig, wie wesentlich es ist, dass sich die Formate nicht kannibalisieren, sondern sich jede auf ihre eigenen Stärken fokussieren können. Das kam auch im Talk des Studieninstituts gut heraus: Man kann Events nicht einfach nur mit Kameras begleiten, um sie zu hybridisieren. Sondern man muss sorgfältig die Vor- und Nachteile der verschiedenen Formate abwägen und dann entscheiden, welcher Kanal welche Aufgabe übernehmen wird. Online-Learning beispielsweise spart Reisekosten, aber das Networking bleibt auf der Strecke. Jetzt gilt es abzuwägen, wo der Fokus des Events liegt. Geht es wirklich um Wissensvermittlung, können diese Veranstaltungen auch in Zukunft digital stattfinden. Sollen Austausch und Networking im Vordergrund stehen, dann geht das nur auf Präsenzveranstaltungen, auf die wir ja hoffentlich nicht mehr lange warten müssen.

Li Listmann: Diese Vielfalt, von der Marvin spricht, ist genau das, was die Zukunft unserer Messen bestimmen wird. Wir müssen ganz genau schauen, was brauchen die Besucher und was wollen die Aussteller? Unsere Zielgruppen werden in Zukunft noch heterogener sein als sie es jetzt schon sind. Angebote zu clustern und messeübergreifend anzubieten, wird noch herausfordernder sein. Was jetzt mehr denn je zählt, ist Agilität. Neue Projekte anzustoßen, Ideen auszuprobieren. Ich persönlich freue mich, dass wir jetzt kreativ und innovativ sein können. Niemand weiß, wie die „Messe der Zukunft“ aussehen wird, aber alle wissen, sie wird nicht so sein wie die Messen aus 2019. In Zukunft überzeugen die guten Ideen. Klar haben wir damit als Messestandort auch ganz neue Mitbewerber, aber diese Herausforderung nehmen wir gerne an. Und eins ist klar – physische Treffen gewinnen an Wertigkeit.

Wie ist denn euer Plan für die BOE 2022 am 19. und 20. Januar?

Marvin Boettcher ist Projektleiter der BOE - Internationale Fachmesse für Erlebnismarketing

Marvin Boettcher ist Projektleiter der BOE – Internationale Fachmesse für Erlebnismarketing

Marvin: Wie Li gerade sagt – wir müssen uns auf eine völlig neue Art einstellen, Messen und Events zu konzipieren. Ich denke, dass gerade die Besucher, die sich zuschalten, an die Hand genommen werden müssen, damit sie sich orientieren können. Einige „Module“ können wir hybridisieren – so entwickeln wir gerade ein neues, spannendes Konzept für die Guided Tours. Für die Workshops denken wir über einen co-kreativen Ansatz nach, der auch Online-Besuchern die Möglichkeit gäbe, intensiv zu partizipieren. Aber längst nicht alle Formate werden hybrid – so können und wollen wir nicht alle Foren live übertragen. Denn um das richtig gut zu machen, sind die Kosten immens – sieben Foren á zwei Kameraleute, Übertragungstechnik und Bandbreite ist nicht zu stemmen.

Aber ihr schneidet die Foren schon mit?

Marvin: Klar werden die Foren aufgezeichnet und mitgeschnitten, sonst würde zu viel Wissen verloren gehen. Die hybride Form der BOE im Januar wird über eine andere Plattform laufen, die dafür deutlich geeigneter ist als eine reguläre Website.

Li: Der auf der BOE aufgezeichnete Content wird in Gänze erst nach der Messe auf der Website BOE connect zur Verfügung gestellt. So greift eins ins andere. Ich denke, dass wird auch der Weg der Zukunft sein – eine Plattform zu schaffen, die die Möglichkeit bietet, das ganze Jahr über im Austausch zu sein und sich einmal im Jahr – als absolutes Highlight – in Präsenz zu sehen.

Marvin: Denn wir wollen natürlich Anreize schaffen, die Messe in Präsenz zu besuchen. Hybrid wird ein Mehrangebot sein, kein Ersatzangebot.

Welche Neuerungen gibt es noch?

Li Listmann ist Head of Sales & Marketing der Westfalenhallen Unternehmensgruppe

Li Listmann ist Head of Sales & Marketing der Westfalenhallen Unternehmensgruppe

Li: Wir planen gerade die Intermodellbau für den November und haben den Ticketvorverkauf schon gestartet. Neben den inhaltlichen Weiterentwicklungen haben wir uns auch Gedanken rund um das Ticketing zu unseren Messen gemacht, um möglichst Besucherorientiert aufzutreten. Und zwar mit einem ganz neuen Modell. So können die Besucher der INTERMODELLBAU im November 2021 schon jetzt das Ticket ordern und die möglichen Erweiterungen dazubuchen, die Zahlung ist im Gegensatz zu früher aber nicht direkt, sondern erst vier bis acht Wochen vor dem eigentlichen Termin fällig. Mit diesem Modell lassen wir Unsicherheiten auf beiden Seiten erst gar nicht entstehen, sparen uns einen eventuellen Storno-Aufwand und bieten auch den Ausstellern schon früh verlässliche Besucherzahlen.

Was denkt ihr, wird die größte Veränderung sein?

Marvin: Ich denke, unser Denken und unsere Erwartungen müssen sich komplett verändern. So wie lineares Fernsehen nur noch bei wenigen Formaten funktioniert und Netflix uns daran gewöhnt, dass wir die Sendungen starten, pausieren und verlassen können, wann wir wollen, sehe ich diesen Trend auch bei den Online-Formaten. Diesen Adrenalin-Moment, wenn man sieht, wie sich das Publikum im Eingangsbereich drängelt, den wird es länger nicht geben. Und auch die Zahlen der „Online“-Besucher darf man sich nicht am Abend der Veranstaltung anschauen, sondern erst ein, zwei Wochen danach.

Ich persönlich weiß immer kaum, wohin mit meiner Energie bei reinen Online-Formaten. Beim Lampenfieber vor Live-Messen gehe ich nochmal die Hallen ab und schaue nach dem Rechten, das entspannt mich. Aber kurz vorm Going-Live des Online-Events bin ich ganz genauso nervös – mit diesem „Stillsitzen“ kann ich nur schwer umgehen. Aber hoffentlich muss ich mich da jetzt nicht mehr dran gewöhnen.

Li: 2022 wird hoffentlich ein Jahr mit vielen Präsenzveranstaltungen. Und trotzdem werden sie nur im Kern den Messen vor 2020 ähneln. In Zukunft wird sich das Messe-Erlebnis über den Peak des physischen Besuchs hinaus entwickeln.

memo-media: Vielen Dank an euch beide! Wir freuen uns als langjährige Partner der Messe Dortmund, diese neuen Wege mitzudenken und mitzugehen. Und wir freuen uns unbändig auf die nächsten Präsenzmessen und werden bis dahin auch die digitalen Wege nutzen, um mit unseren Freunden, Kunden und Mit-Ausstellern in Kontakt zu bleiben.