Dana & Kyra – Schleuderbrett-Artistinnen mit Frauenpower
Theatralik? Nicht Danas und Kyras Ding. „Wir wollen dem Publikum Leichtigkeit, Spaß und manchmal auch ein bisschen Selbstironie vermitteln“, erzählt mir die 19-jährige Dana. Die beiden Schleuderbrett-Artistinnen absolvierten im Juni diesen Jahres ihren Abschluss auf der Staatlichen Artistenschule Berlin. Und es gibt noch einen weiteren Grund zu feiern, denn auch die Jury des diesjährigen Sprungbretts, die sich aus Vertretern der Internationalen Kulturbörse Freiburg, aus der ZAV-Künstlervermittlung aus Berlin, vom Förderverein der Artistenschule Berlin und natürlich von memo-media zusammensetzt, überzeugten sie von ihrem Können, aber vor allem von ihrer Power. Daher wurde das Duo zum diesjährigen Sprungbrett-Preisträger gekürt. Dass es auf dem Weg dorthin aber auch einige Herausforderungen gab, haben mir die beiden in einem Gespräch offen und ehrlich verraten.
„Wir tanzen aus der Reihe“
Weder Dana noch Kyra ist in einer Artisten-Familie aufgewachsen. „Als ich sechs Jahre alt war, habe ich wie viele Kinder mit dem Turnen angefangen. Später habe ich mich im Gymnasium bei der Zirkus-AG angemeldet und war sofort von der Artistik angetan“, so die heute 20-jährige Kyra. Sie kommt aus Zoznegg und ist mit 15 Jahren ohne ihre Familie nach Berlin gezogen, um auf der Staatlichen Artistenschule zu lernen. Bei Dana lief es ähnlich. Auch sie fing mit sechs Jahren an, sich für einen Kinderzirkus zu begeistern – bis sie schließlich mit 14 Jahren alleine nach Berlin umgezogen und sich ebenfalls an der Staatlichen Artistenschule angemeldet hat. „In unseren Familien ist ansonsten niemand in der Artistik tätig. Wir tanzen also völlig aus der Reihe“, lacht Dana selbstbewusst.
Der Start auf der Staatlichen Artistenschule Berlin
Kennengelernt haben sich die beiden Schleuderbrett-Artistinnen im Jahr 2012 auf der Artistenschule in Berlin. Zu dem Zeitpunkt sind Dana und Kyra noch ohne Spezialisierung gestartet und haben zuerst die artistischen Basics gelernt. „Das war super! Denn so konnten wir herausfinden, welche Artistik-Richtung uns am meisten Spaß macht“, sagt Dana. Und bei beiden war es nicht das Schleuderbrett! Dana spezialisierte sich zunächst für die Handstand- und Tuch-Artistik. Kyra hatte es der chinesische Mast und Bodenakrobatik angetan. Doch nach ungefähr zwei Jahren auf der Schule kam alles ganz anders, als die beiden vermutet hatten.
Von Einzelperformern zu Schleuderbrett-Artistinnen
„In 2014 erlitt ich während des Trainings für die Bodenakrobatik eine starke Verletzung an der Hand“, erklärt Kyra, „Obwohl ich es danach nochmal versucht hatte, konnte ich meine Nummer in der Form leider nicht mehr weitermachen.“ Nach meiner ersten Bestürzung darüber realisierte ich, dass dieser Vorfall auch etwas Gutes für die beiden hatte. „Weil sich Dana in der Handstand-Artistik nicht erfüllt fühlte und ich mir eine neue Lösung einfallen lassen musste, war uns schnell klar, dass wir zusammen als Duo durchstarten wollten“, fügt Kyra mit einem ehrlichen Lächeln hinzu. „Wir kannten uns ja bereits vor unserer Zusammenarbeit und wussten, dass es einfach passt. So kamen wir auf die Idee, uns als Schleuderbrett-Artistinnen auszuprobieren“, so Dana. Angefangen hatte alles mit einem alten Schleuderbrett aus dem Keller der Schule. Nachdem die zwei spürten, dass sie daran richtig Spaß haben, liehen sie sich ein hochwertiges Brett von einem Freund.
Risiko und Vertrauen
Mitte der zwölften Klasse starteten Dana und Kyra somit das Training auf dem Schleuderbrett. Dass sie nur anderthalb Jahre später mit ihrer Schleuderbrett- und Bodenakrobatik-Nummer ihren Abschluss auf der Artistenschule absolvierten, spricht für ihr diszipliniertes Training und vor allem ihre Power. „Wir vertrauen uns blind und sind uns bewusst, dass es gerade beim Schleuderbrett ein erhöhtes Risiko gibt, dass etwas schiefläuft“, gibt Dana zu. Kein Wunder, die zwei landen nach ihren Sprüngen aus ein paar Metern Höhe auf einer Fläche von gerade einmal 45 x 30 cm.
„Und tatsächlich ist schonmal etwas richtig in die Hose gegangen“, amüsiert sich Kyra und macht mich neugierig. „Bei einem Auftritt bin ich von der Bühne gefallen – mitten auf die Menschen, die in der ersten Reihe saßen. Im ersten Moment war ich geschockt und überfordert. Doch nach wenigen Sekunden machte sich in mir ein positives Gefühl breit, das mir sagte: ‘Es geht weiter’. Und dann haben wir unsere Nummer einfach fortgeführt. Zum Glück hatte sich auch keiner verletzt.“ Ich bin beeindruckt von dieser Einstellung, aber nicht überrascht. Denn dass die beiden selbstbewusst und keck sind, spürt man bereits nach ein paar Minuten.
Geschwister-Liebe mit Artistik erzählt
Diese Charakterzüge vermitteln die Schleuderbrett-Artistinnen auch in ihren Nummern: Dana und Kyra verbinden die Sprungkunst mit Bodenakrobatik und einem erfrischenden Schauspiel. Denn nicht ohne Grund nennen die beiden ihre Nummer „Geschwister-Sprung“. Diese Symbolik bringen sie in ihren Auftritten mit gegenseitigem Necken oder auch einem Klaps auf den Po zum Ausdruck. Aber vor allem verkörpert ihr uneingeschränktes Vertrauen während ihrer Performances die innige Beziehung von zwei Schwestern.
Erst seit anderthalb Jahren trainieren die Schleuderbrett-Artistinnen zusammen. Für den kurzen Zeitraum haben sich die zwei schon richtig gut entwickelt. Oft sieht man auf Bühnen perfekt einstudierte und choreografierte Nummern. Bei den beiden Mädels ist es nicht nur die anspruchsvolle Choreografie. Sie begeistern vor allem mit Selbstbewusstsein, Interaktion und Frauenpower. Und vielleicht sind es somit gerade ihre Leichtigkeit und Unbefangenheit, die ihre Schleuderbrett-Nummer so fesselnd gestalten.