Berti Hahn Pressebild (Custom)

„Alles, was uns ausmacht, durften wir nicht machen“

„Eigentlich säße ich jetzt in Brasilien. Würde von dort aus weiter nach Peru fliegen, um dort auf ein Forschungsschiff zu gehen und den Amazonas runterzuschippern“ meint Berti Hahn auf die Frage, wie er die Krise privat erlebt. „Jetzt gehe ich spazieren, bin viel im Garten und habe massig Reise-Gutscheine zu Hause rumliegen. Aber mein Keller ist gut gefüllt und ich bin nicht depressiv geworden.“ Und ich meine trotz dieser ‚Planänderung‘ am Telefon ein Schmunzeln rauszuhören.

Schrittweise vom Kuchen zur Kultur-Prominenz

Berti Hahn ist Gründer, Kopf und Geschäftsführer des Café Hahns in Koblenz. Vor bald 40 Jahren hat er aus der Bäckerei und dem Sparmarkt der Eltern die Kulturlocation in Koblenz gemacht. Nach seiner Meisterprüfung wandelte er die Bäckerei mehr zu einem Café mit Konditorei um. „Aber die Lage war nicht optimal. Es lief nicht besonders. Dann habe ich meinen Flügel ins Lokal geräumt und mit ein paar Freunden begonnen, Musik zu machen.“ Das war die Geburtsstunde von „Café Hahn im Takt“, Jamsessions, „bei denen die Omas aus dem Café geflohen sind“ erzählt er lachend.

Einige Zeit hat Berti das Café parallel zu den Musikveranstaltungen laufen lassen, aber mehr und mehr zeichnete sich ab, dass die Zukunft im Veranstaltungsbereich liegt. „Wir haben uns ganz langsam dorthin entwickelt, wo wir heute stehen. Auf die ersten Konzerte folgten das Gaukler-Festival, der Comedyclub „Blaue Biwel“, das Horizonte-Festival und schließlich das Eventmanagement der Festung Ehrenbreitstein.“ Denn als 2012 ein Generalbetreiber für die Festung gesucht wurde, der sowohl die Gastronomie als auch das Eventmanagement übernehmen konnte, konnte das Café Hahn mit seinem Konzept auch hier überzeugen. „Wir haben mittlerweile gut 700 Veranstaltungen pro Jahr. Und fast alle sind ausverkauft. Bei uns haben Größen wie Mario Barth, Gaby Köster, Dieter Nuhr und Dave Brubeck ihre ersten Schritte gemacht.“

Schockstarre und Absagen-Management

Tiefschläge hat das Café Hahn in seinem fast 40jährigen Bestehen natürlich schon erlebt. Eine Zeit wie diese aber nicht. „Von heute auf morgen war alles aus. Keine Veranstaltungen, keine Gastronomie.“ Nachdem die erste Schockstarre überwunden war, haben sich die Mitarbeiter dann nur noch mit der Rückabwicklung beschäftigt: Tickets erstatten, umdisponieren, absagen. „Zum Glück dürfen wir mittlerweile Gutscheine ausstellen. Das und das Kurzarbeitergeld rettet unsere Liquidität“ erklärt Berti Hahn, „Außerdem konnten wir in den letzten 40 Jahren gute Rücklagen bilden. Mir tun die Kollegen leid, die mit ihren Unternehmen gerade am Anfang stehen. Wenn es noch lange so weiter geht, kann es uns auch den Kopf kosten.“

Kopf hoch und weiter – mit Kreativität gegen das Krisentief

Schnell war aber klar, dass neue Ideen und Konzepte hermüssen, um die Krise gut zu überstehen und den Künstlern weiterhin eine Bühne bieten zu können. Adhoc hat das Team ein Autokino geplant, in dem die zuvor gebuchten Künstler, wie Hazel Brugger, Torsten Sträter, die Brings und einige mehr auftreten konnten. Förderer wurden gefunden, ein passendes Gelände gesucht, doch dann wurde es zäh und schwierig. „Wir sind bei allen öffentlichen Stellen angeeckt. Die Genehmigung das ganze durchzuziehen, bekamen wir erst zwei Tage vorher und Getränke durften wir während der Autoveranstaltungen nicht verkaufen!“ bemängelt Berti die fehlende Unterstützung seitens der Stadt. „Werbung konnten wir daher so gut wie gar nicht machen. Dementsprechend waren wir auch nicht ausverkauft. Letzen Endes sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Aber ich würde das nicht nochmal machen.“

Was hingegen sehr gut läuft sind die Streaming-Angebote des Café Hahns. „Wir haben kurzerhand das ganze Café in ein Fernsehstudio umgebaut.“ Hier haben mit „Lebenszeichen Mittelrhein“ lokale Künstler eine virtuelle Bühne und „KO’N’Taktlos“ ist eine Art Talkformat moderiert von Koblenz Transvestit-Star Dörthe Dutt mit vielen unterschiedlichen Gästen aus der Eventbranche.

Corona-konformer Bühnenwechsel bei den Festivals

Im Juli geht es dann wieder in etwas größerem Stil los. Das internationale Gaukler- und Kleinkunstfestival und das Horizonte-Festival werden – zwar nicht wie geplant– stattfinden. Anstatt 30.000 Gäste willkommen zu heißen, die zwischen verschiedenen Bühnen wechseln können, gibt es eine Corona-taugliche Variante: „Es wird mehrere Bühnen geben und davor jeweils 350 Sitzplätze. Statt der Zuschauern wechseln die Künstler die Bühnen.“ So können die verschärften Hygiene- und Abstandsregelungen eingehalten und trotzdem gefeiert werden.

Krisenresümee und Zukunftshoffnung

Ernüchtert stellt Berti Hahn fest „In der Krise erkennt man den wahren Charakter: Wer ist Schwätzer, wer ist Macher? Erst in dieser Situation habe ich erkannt, auf wen man sich im Ernstfall wirklich verlassen kann. Das war oft mehr als enttäuschend.“ Von bisherigen Hilfen und Unterstützungen konnte das Café Hahn und „Live und Lecker“ auf der Festung nicht profitieren. „Wir hoffen jetzt, dass wir beim Konjunkturpaket dabei sind. Allerdings müssen wir da erstmal die Antragsformulare abwarten.“

Meine abschließende Frage nach seiner persönlichen Quintessenz der Corona-Krise beantwortet Berti dementsprechend leicht desillusioniert mit „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“

Echt spannend, oder?! Übrigens: Das richtige Unterhaltungsprogramm macht jede Veranstaltung unvergesslich. Wenn du auf der Suche nach einer Idee für deine nächste Feier bist, schau doch mal bei www.goforartists.com vorbei. Ein Angebot für die kinderleichte Künstlerbuchung vom Team von memo-media.