Open Space statt Schulbank – Achtsamkeit für den Rahmen entwickeln
»Man kann nicht nichts ausdrücken«, sagt Frank Hörner und blickt dabei in über 20 neugierige Gesichter. Eine gewisse Zurückhaltung liegt in der Luft, als der Workshop des Regisseurs in der Trainingshalle »Openspace« in Bochum morgens startet. Es handelt sich dabei um ein außerschulisches Projekt für einige Schüler:innen der Staatlichen Artistenschule Berlin in dem Trainingszentrum.
Jens Becker, Rebekka Garbers und Regine Rother, Lehrende und Trainer:innen an der Schule in Berlin, haben sich dafür eingesetzt, diese praxisorientierte Workshop-Reihe zum zweiten Mal zu ermöglichen. Eine Woche lang findet jeden Tag ein anderes Programm für die angehenden Artist:innen und Schüler:innen des Oberstufen-Profils »Tanz-Theater-Theorie« statt. Das Ziel: ohne Bewertung, Leistungsdruck oder Regeln Kunst zu erleben, neue Seiten an sich selbst zu entdecken und in der Gruppe Kreatives zu erschaffen.
Frank Hörner ist schon seit vielen Jahren als Theaterregisseur tätig. Seit rund vier Jahren ist er zudem Co-Regisseur bei »Urbanatix«, dem Kunst- und Artistik-Projekt für urbane Jugendkultur von Christian Eggert. Genau wie Christian begeistert auch er sich für die Arbeit für ein junges Publikum – das ist spürbar. Mit seinem Workshop möchte er den Schüler:innen näherbringen, dass es nicht immer um höher, schneller, weiter geht. Sondern darum, in sich selbst Geschichten zu entdecken, die auf der Bühne erzählt werden wollen. Und darum, Achtsamkeit für den Rahmen zu entwickeln: »Ein Großteil der Magie auf einer Bühne entsteht durch die Personen im Hintergrund – nicht nur durch die- oder denjenigen, der gerade das Kunststück performt. Die anderen geben den Rahmen. Deswegen ist es wichtig, zu lernen, den Fokus von sich weg und auf die anderen richten zu können, ihnen wachsam zuzuhören und zuzuschauen«, so Frank Hörner.
Um die Schüler:innen aus Berlin genau dafür zu sensibilisieren, ist der Workshop von Gruppenarbeit geprägt. Innerhalb kleiner Gruppen aus jeweils rund sechs Personen sollen die Schüler:innen spontan eine Performance einstudieren. Das Besondere: Jede:r soll den anderen etwas beibringen, was diese noch nicht können. Innerhalb weniger Minuten pulsiert die Atmosphäre im »Openspace« vor Kreativität. Aus Lernenden werden Lehrende – und umgekehrt. In der einen Ecke wird getanzt. In der anderen gestampft und geklatscht. Von der anfänglichen Zurückhaltung ist nichts mehr zu spüren. Die Schüler:innen haben sichtlich Freude daran, ihren Ideen freien Lauf zu lassen und miteinander zu interagieren. Und während ihre Schützlinge aufblühen, haben Jens Becker, Rebekka Garbers und Regine Rother ein breites Lächeln auf dem Gesicht: »Es ist kaum in Worte zu fassen, wie schön es ist, die Schüler:innen so ungezwungen zu erleben. In der Schule herrscht natürlich ein gewisser Bewertungsdruck. Diesen können sie heute mal komplett ablegen und sich der Kunst auf ganz andere Weise öffnen.«
Kunst braucht Freiraum, um sich entfalten zu können. Sie braucht Mut zum Scheitern. Und sie braucht Offenheit und Achtsamkeit für die anderen, die den ausschlaggebenden Rahmen bilden. Das macht die Magie auf der Bühne aus.