Luke Dimon ©Jean Ferry 2

34. Internationale Kulturbörse Freiburg – das wäre das Programm gewesen

Omikron stellt uns in der Pandemie-Situation erneut vor eine enorme Herausforderung. Nach dem Erscheinen der neuen Corona-Variante diskutierte das Orga-Team der 34. Internationalen Kulturbörse Freiburg (IKF) über die ursprünglich geplante Präsenz-Messe vom 23. bis 26. Januar 2022. Und dann, kurz nachdem unsere neue showcases-Ausgabe mit einem großen Artikel über die IKF im Druck war, gab es die Entscheidung: Die 34. Internationale Kulturbörse Freiburg war gezwungen, erneut die Handbremse zu ziehen, und gab als eine der ersten großen Messen ihre erneute Absage bekannt. Obwohl wir damit rechnen mussten, war diese Info zunächst ein Stich ins Herz – für uns alle. Wir hätten uns gewünscht, dass der Untertitel „Unter Vorbehalt“ unseres IKF-showcases-Artikels einfach nur ein Untertitel bleiben würde. Wir wünschen euch dennoch viel Spaß beim Lesen unseres Berichts – es warten viele tolle Künstler:innen-Porträts auf euch.

An unzähligen Stellen ist es stummer geworden im Event-Bereich, manches ist tragischerweise gar völlig verstummt. Und auch wenn sich vieles nicht direkt vor unseren Augen abgespielt hat, so hat die Branche doch im Hintergrund so sehr um ihr Überleben gekämpft wie kaum eine andere. Insbesondere die Künstler:innen hatten und haben mit der derzeitigen Situation zu kämpfen. Umso wichtiger und schöner ist es nun, wenn die 34. Internationale Kulturbörse Freiburg vom 23. bis 26. Januar 2022 wieder vor Publikum stattfinden darf, um Kulturschaffende aus aller Herren und auch Damen Länder zu begrüßen. Zu Redaktionsschluss geplant ist die 2G-Regel.

Opening

Beim Opening darf man sich unter anderem auf die Klavierkabarettistin Anne Folger freuen, die auch hier wieder mit ihren Alltagsbeobachtungen die Lachmuskeln der Anwesenden strapazieren dürfte. Visuelles Theater, Pantomime, Tanz und Satire hat sich dagegen das Duo Mimikry aus Berlin auf seinen elastischen Leib geschneidert. Exzentrische Zirkus-Comedy hält der moderne Clown und Jongleur Kerol in seinem Zauberkoffer parat. Weiterhin werden der Entertainer Karl-Heinz Helmschrot, die Kabarettistin und Poetry-Slammerin Rebekka Lindauer und noch einige hochkarätige Gäste mehr erwartet.

Specials

Als Special Guests dürfen wir Kabaret Kalashnikov begrüßen, die mit ihrem genresprengenden Mix aus Artistik, Live-Musik und Comedy ordentlich einheizen dürften. »Oh Freiburg schau«, bittet Kabarettist Matthias Deutschmann. Wird gemacht, versprochen! Und es folgt Ü53, ein artistischer Augenschmaus als Antwort auf die gern gestellte Frage: »Wie lange können Sie das eigentlich noch machen?«

Young & Fresh

Tim Höfel ist Teil des "Young & Fresh"-Programms der 34. Internationalen Kulturbörse Freiburg.

Tim Höfel ist Teil des “Young & Fresh”-Programms der 34. Internationalen Kulturbörse Freiburg.

Bei so vielen, Pardon, alten Hasen und Häsinnen darf der Nachwuchs nicht ins Hintertreffen geraten. Unter dem Motto »Young & Fresh« wird auch den nachwachsenden Generationen eine Plattform geboten. Hier gibt es beispielsweise die Partnerakrobatik des Duo Kraouls oder Luzie Lou am Luftring zu bewundern, die an diesem Gerät ihre Leidenschaft für Artistik und Tanz elegant vereinen konnte. Magier Luke Dimon verzaubert das Publikum mit Zauberei auf Comedy und Bauchreden verschmilzt mit Zuschauerinteraktion, Gesang, Improvisation und Poesie. Es ist zwar keine Zauberei, was Tim Höfel da in seiner BMX-Show anstellt, aber bei seinen akrobatischen Darbietungen wirken die physikalischen Gesetze dennoch wie außer Kraft gesetzt.

Und es folgt auf den nächsten Seiten eine Auswahl der Nominierten in den Bereichen Musik, Darstellende Kunst sowie Straßentheater für die Freiburger Leiter. Viel Spaß!

Freiburger Leiter / Musik

Svavar Knútur

Wer musikalisch Richtung Island denkt, dem dürfte wahrscheinlich erst einmal Björk einfallen. Vielleicht noch Sigur Rós oder die Eintagsfliege Of Monsters and Men und dann wird es schon eng. Dabei gibt es mehr Geheimtipps als Geysire auf Island. Svavar Knútur ist  einer von ihnen. Mit seiner wandelbaren Stimme, die tiefe und dunkle Gefilde ebenso auszuloten vermag wie die hohen, hat er sich bereits in die Herzen von Fans auf der ganzen Welt gespielt. Diese loben zudem seinen Humor, den er bei seinen Auftritten an den Tag legt. Die nachdenklichen Texte werden zumeist in Englisch, manchmal aber auch in seiner Heimatsprache dargeboten und von der akustischen Gitarre begleitet. Auf die Frage, weshalb er sich keinen cool klingenden Künstlernamen zugelegt hat, antwortete er, dass er jedem, der Herz und Seele hat, zutraue, sich seinen Namen zu merken. Sollte man!

Maurizio Geri Swingtet

Ebenfalls aus Italien reist das Maurizio Geri Swingtet an und verbindet seine Ehrerbietung vor Manouche-Meister Django Reinhardt mit viel Swing und feinem Sinn für Improvisation zu einem einzigartigen Sound. Geri kannte man bislang vornehmlich als Sänger, Gitarristen und Autor einiger der schönsten Songs von Riccardo Tesis Banditaliana. Jetzt will er es auch als Bandleader wissen. Der Gypsy-Jazz des Swingtets findet rein akustisch seinen Weg in die Gehörgänge und verbreitet wohlige Nostalgie im Retro-Gewand, ohne dabei veraltet zu klingen. Mit ihrer Instrumentierung aus Stimme, Gitarre, Klarinette, Bass und Akkordeon durften die Musiker bereits auf einem Event zu Ehren ihres Idols glänzen, dem Django Reinhardt Festival in Samois-sur-Seine. Und jetzt heißt es: Willkommen in Freiburg!

Die Singer-Songwritering FLO haben wir in der letzten showcases-Ausgabe vorgestellt. Sie ist für die Freiburger Leiter nominiert.

Die Singer-Songwritering FLO haben wir in der letzten showcases-Ausgabe vorgestellt. Sie ist für die Freiburger Leiter nominiert.

FLO

Die Sängerin, Liedermacherin, Schauspielerin und Autorin FLO aus Neapel haben wir bereits in der showcases 3-2021 vorgestellt.

Maria Mazzotta

Etwas opulenter und dramatischer geht es bei der Italienerin Maria Mazzotta zu. Das muss aber auch sein, beleuchtet sie doch auf ihrem aktuellen Album »Amoreamaro« nichts Geringeres als die unzähligen Facetten der Liebe aus weiblicher Sicht. Ob der Liebe Kraft nun zerbrechlich, zerstörerisch oder himmelhoch jauchzend ist, ihre vielseitige Stimme weiß sich der jeweiligen Stimmung anzupassen. Der Jazzakkordeonvirtuose Vince Abbracciante sowie der iranische Perkussionist Bijan Chemirani sind unter anderem ihre Begleiter beim Streifzug durch gefühlvolle Balladen, traditionelle und neu arrangierte Volkslieder oder tänzelnde Pizzica. Manche sprechen Mazottas Kunst sogar therapeutische Wirkung zu, also nichts wie hin!

Darstellende Kunst auf der 34. Internationalen Kulturbörse Freiburg

LaBú Teatre

Visuelle Poesie in einer einzigartigen Sprach- und Ausdrucksform verspricht das LaBú Teatre aus dem schönen Spanien. Aus gewöhnlichen Gegenständen und Materialien etwas Außergewöhnliches zu kreieren, das hat sich das selbsternannte Kunstund Forschungsprojekt zur Aufgabe gemacht. Der Fokus liegt dabei auf der Dramaturgie der Objekte und visuellen Landschaften. Spannend, wie die Verbindung aus Musik, Plastizität und Texturen zum Leben erweckte Bilder erschafft, die die geneigten Zuschauer:innen umgarnen und in ihm oder ihr ein Gefühl von Schwerelosigkeit und Freiheit hervorrufen. In diesen schweren Zeiten ist das doch vielversprechend!

Eva Karl Faltermeier

Eva Karl Faltermeier ist eine wahre Tausendsasserin! Sie ist Dozentin, Kolumnistin und Blogautorin. Und natürlich Kabarettistin. Hier nimmt sie ihre Zuhörenden mit auf eine emanzipatorische, humorvolle und gleichzeitig fatalistische Reise in die Oberpfalz, dem »Land des Nebels«, und bewegt sich dabei stilsicher zwischen Phantasie und gnadenloser Realität. Die Widrigkeiten, mit denen eine berufstätige Mutter oft zu kämpfen hat, sind nur eines ihrer Themen. Manch eine:r dürfte sich in ihren Geschichten unvermutet wiederfinden. So wurde ihr erstes Programm »Es geht dahi« bereits mit dem Senkrechtstarter-Preis des Bayerischen Kabarettpreises und dem Newcomerpreis des Hessischen Kabarettpreises ausgezeichnet. »Die eigene zwiderne Natur kann sie nicht wirklich verbergen und die Mistigkeiten der Welt machen sie handlungsunfähig«, sagt der Pressetext, aber hoffentlich nicht bei ihrem Freiburger Auftritt!

Die 34. Internationale Kulturbörse Freiburg wird unter anderem vom Entertainer Karl-Heinz Helmschrot eröffnet.

Die 34. Internationale Kulturbörse Freiburg wird unter anderem vom Entertainer Karl-Heinz Helmschrot eröffnet.

Stefan Danziger

»Scheitern als Chance«, das erkannte schon der ehrwürdige Christoph Schlingensief. Dass nicht nur alltägliche, persönliche Erfolge, sondern auch weltgeschichtliche Ereignisse letztendlich nur durch vorangegangenes Scheitern möglich geworden sind, erklärt Comedian Stefan Danziger in seinem aktuellen Programm »Dann isset halt so!« Geschichtsstunde mal anders. Seinen Stil hat er sich übrigens auf den Straßen Berlins beim Quasseln mit Passant.innen erarbeitet. Der Mann, der einst, wie er selbst sagt, aus der DDR in die BRD fliehen wollte, dabei falsch abgebogen und in der Sowjetunion gelandet ist, tritt heute – gerne auch auf Englisch – in Amsterdam, London und Edinburgh auf, um seine Geschichten von kulturellen Widersprüchen und den Absurditäten des Alltags unter die Gemeinde zu bringen. Misslingen kann ganz schön komisch sein!

GlasBlasSing

Die Jungs machen seit 2003 hauptberuflich Musik auf Flaschen. Sie haben wir in der Ausgabe 3-2021 bereits vorgestellt.

Straßentheater

Claudia Ossola

Eine Einladung, mit unseren Widersprüchlichkeiten zu spielen. So beschreibt die Italienerin Claudia Ossola ihr Programm »Prospero«. Trapezakrobatik trifft auf physisches Theater. Hier entwickelt ein Kleiderschrank ein Eigenleben und was folgt, ist ein virtuoses Spiel mit Türen, Vegetation und Lichtern sowie sensationeller Akrobatik im Inneren des Schrankes. Dass sich Claudia Ossola bereits während ihres Architekturstudiums immer mehr von immaterieller Architektur angezogen gefühlt hat als von monumentaler, auch das gehört zu den scheinbaren Widersprüchlichkeiten, die sich in ihren Darbietungen manifestieren. Der Zirkus hat ihre Artistik deutlich mitgeprägt, so konnte sie dort »verschiedene Stile, Sprachen, Arbeits- und Schaffensweisen, Moden und Visionen des zeitgenössischen Zirkus« kennenlernen.

Die TukkersConnexion aus den Niederlanden sind für die Freiburger Leiter Straßentheater nominiert.

Die TukkersConnexion aus den Niederlanden sind für die Freiburger Leiter Straßentheater nominiert.

TukkersConnexion

Visuelle Vorstellungen und Performances im Zusammenspiel mit auffallenden Formen und Farben der Kostüme und des Dekors sind das Markenzeichen von TukkersConnexion, einem Retro-Stunt-Team, das sich von alten Cartoons inspirieren ließ. So sind einige ihrer bisherigen Shows, Walk-Acts, Lebenden Bilder sowie Auftragsarbeiten zu Recht preisgekrönt. Bei dem niederländischen Künstlerkollektiv weiß man nie, was gleich passieren wird. »Lass dich überraschen«, empfahl auch schon ein Entertainer aus ihrem Heimatland. In ihrem neuen Programm »Soap Stunters« soll ein spektakulärer Stunt dem Team nichts weniger als den Weltruhm bringen. Was es mit diesem Stunt auf sich hat, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten, wo bliebe da die Überraschung?

Tridiculous

Tridiculous oder kurz 3DCLS sind drei multikulturelle Berliner Künstler, die sich selbst als charmantes »Komplettpaket für Augen und Sinne« bezeichnen. Rostyslav Hubaydulin, Semion Bazavlouk und Ihor Yakymenko – ein in Tel-Aviv aufgewachsener Russe plus zwei Ukrainer – garantieren fantasievolle und poetische Tanzakrobatik, gerne auch inklusive Jonglage, bei der der Humor nicht zu kurz kommt. Auch wenn das alles spielerisch leicht wirkt, hier sind Kraft und Dynamik gefragt. Wird während der Akrobatik mal schnell ein Instrument benötigt, so wird dieses eben parallel bedient. Und warum auch nicht? Wer kann, der kann! Breakdance und Beatbox sind in diesem Komplettpaket mit inbegriffen. Programme werden übrigens gerne individuell auf die jeweilige Nachfrage zugeschnitten, so bleibt’s spannend. Tridiculous zielt ganz klar auf den »Wow«-Effekt und der setzt garantiert ein.