In aller Freundschaft

Wenn du mit dir selbst im Reinen bist – Der Comedian Tan Çag ̆lar

Tan Çag ̆larist Deutschtürke und Rollstuhlfahrer. Das hat ihn nicht davon abgehalten, die deutschsprachigen Comedybühnen zu erobern. Seit fünf Jahren spricht er offen über Handicaps. Denn dass Çag ̆lar neben aller Selbstironie, urkomischer Situationskomik und augenzwinkernden Flachwitzen auch ernste Töne anschlägt, kommt beim Publikum gut an. 2019 schrieb er seine Autobiografie »Rollt bei mir …«. Er moderiert und schauspielert im Fernsehen. Und er arbeitet als Motivationstrainer. Er lässt sich halt nicht aufhalten. Bereitwillig hat er unsere Fragen beantwortet.

Was ist für Dich gute Comedy?

Ich mag intelligenten Humor, der gerne auch mal »drüber« sein darf. Humor kann so zum Nachdenken anregen. Was mich weniger belustigt ist, wenn erwachsene Menschen sich in schlechte Kostüme werfen und nicht durchdachten Klamauk machen.

Wie findest Du zu Deinen Gags?

Ich hoffe nicht, dass ich das Gefühl erwecke, Comedy aus Betroffenheit zu machen. Das wäre das absolut falsche Signal. Jeder Comedian fragt sich zu Beginn seiner Karriere, worüber er reden kann, was ihn beschäftigt und natürlich was authentisch für ihn ist. Sich auf der Bühne selbst zu therapieren, wäre kein guter Ansatz. Ich mache öfter Gags, die verhältnismäßig hart sind. Doch es ist auch meine Aufgabe auf der Bühne, diese sofort in einen Kontext einzuordnen und somit meinen Gästen die Sicherheit zu geben, darüber lachen zu dürfen. Deswegen kannst du nur auf der Bühne stehen, wenn du mit dir selbst im Reinen bist.

Glaubst du an Planbarkeit?

Ein gewisses Konzept oder eine bestimmte Herangehensweise kann hilfreich dabei sein, ein Ziel zu erreichen beziehungsweise es anzugehen. Ohne eine Linie oder gewisse Leitplanken wird es oft schwer im Leben. Wenn Du mit Deiner Frage aber auf Erfolg abzielst, dann ist dieser im Endeffekt nur bedingt planbar. Erfolg ergibt sich oft aus Kontinuität, Ausdauer – und etwas Können hilft wahrscheinlich auch (lacht). Ich glaube aber, dass harte Arbeit Talent einholen kann.

Wieso bist Du selber von der Comedyseite auf die Schauspielerseite gewechselt?

2019 schrieb Comedian Tan Çag ̆lar seine Autobiografie »Rollt bei mir ...«.

2019 schrieb Comedian Tan Çag ̆lar seine Autobiografie »Rollt bei mir …«.

Ich bin ja nicht gewechselt, sondern die Schauspielerei kam zur Comedy dazu. Das Angebot für die Serie »In aller Freundschaft« kam mitten im Lockdown und war wirklich eine schöne Gelegenheit, sich zu entwickeln und eine neue Herausforderung anzugehen. Das Angebot vom »Tatort Berlin« kam zufälligerweise direkt eine Woche später und hat mich enorm gefreut. Als Comedian im Schauspielbereich Fuß zu fassen, ist in Deutschland ja leider nicht selbstverständlich.

Willst du deine Schauspielerkarriere weiter ausbauen?

Ja, mir macht Schauspiel sehr großen Spaß und erfüllt mich sehr. In diesem Bereich weiterzumachen, habe ich mir vorgenommen. Aber wie wir ja eben bei der anderen Frage erfahren haben, ist nicht alles planbar.

Was ist deine Message?

Ich sehe mich als Motivationstrainer, der versucht, anderen Mut zu machen. Meine Message als Comedian dient aber in erster Linie der Unterhaltung. Menschen zum Lachen zu bringen, ist für mich der schönste Job, den ich mir vorstellen kann.

Wie geht Deutschland mit Barrierefreiheit im Vergleich zu anderen Ländern um?

Wir sind in Deutschland auf einem guten Weg. Ich freue mich, dass die Inklusion in den letzten zehn Jahren spürbar thematisiert wird und Aufmerksamkeit bekommen hat. Es wird viel darüber geredet und das schafft schon mal eine gute Sensibilität. Der Unterschied zu anderen Ländern wie zum Beispiel Amerika, Kanada oder auch England ist, dass dort nicht so viel gesprochen, sondern direkt etwas gemacht wird – und Inklusion gelebt wird. Diese Selbstverständlichkeit müssen wir hier noch erreichen.

Danke für das Interview!