Jewels: Schwertschluckerin

Schwertschluckerin Jewels: Die Schöne und das Schwert

Auf Spielzeug findet man oft den Warnhinweis „Nicht zum Verzehr geeignet!“, um Kinder vor möglichen Gefahren zu schützen. Erwachsene sollten jedoch wissen, was sie tun und diese Frau weiß es. Jedes Mal, wenn Jewels ihre Kunst ausübt, riskiert sie ihr Leben, denn ihr „Spielzeug“ ist ein Schwert!

Eine zarte Person betritt die Bühne: dunkle Locken, Alabasterhaut, gekleidet in einen Hauch von schwarzem Satin. Dem Publikum stockt der Atem, wenn die Frau mit dem Künstlernamen „Jewels“, ihrem besonderen Gewerbe nachgehend, einen Kleiderbügel oder eine 50 Zentimeter lange Klinge in ihrer Kehle verschwinden lässt. Jewels beherrscht nicht nur die uralte, männerdominierte Kunst des Schwertschluckens, sondern auch die der Verführung. Ein großer Teil ihrer Magie speist sich aus dem Kontrast ihrer fragilen Erscheinung und dem Stahl, der diese zu verletzen droht.

Mit 14 Jahren hat Jewels ihr erstes Schwert geschluckt

Jewels: Schwertschluckerin

Jewels beherrscht sowohl die uralte Kunst des Schwertschluckens als auch die der Verführung

Wer von den nahezu standardisierten Nettigkeiten auf Eventbühnen, den ewigen Hip-hop-Tänzern, moderierenden Quasselstrippen oder den gar nicht mehr überraschenden Mentalkünslern genug hat und sich nach ungewöhnlicher Spannung sehnt, der sollte unbedingt einen Blick auf diese Schwertschluckerin werfen. Unter weltweit 80 Künstlern ist Jewels eines von lediglich vier weiblichen Mitgliedern der „Sword Swallowers‘ Association International“, der Vereinigung aller bekannten lebenden Schwertschlucker. Als jüngstes Mitglied der Vereinigung besticht Jewels durch ihr Abweichen von der Norm und die faszinierende Art, in der sie ihre Kunst präsentiert.

Warum tut eine Frau, die in London ein Masterstudium in Politikwissenschaften und Linguistik absolviert hat, so etwas? Jewels, die vor 36 Jahren in Sankt Petersburg geboren wurde, hatte als Kind einen Traum: Sie wollte das einzige Mädchen der Welt sein, das imstande ist, ein Schwert zu schlucken! Als Elfjährige ist die jüdische Russin mit ihren Eltern nach Schweden ausgewandert und entdeckte dort ihre Liebe zur 4000 Jahre alten Klingenkunst. Mit gerade mal 14 Jahren gelang ihr das Schlucken eines Schwerts zum ersten Mal und nur drei Jahre später stand sie bereits auf der Bühne des Covent Garden in London!

Mit einer langen Feder trainierte sich die Schwertschluckerin den Würgereflex ab

Um eine dreieinhalb Zentimeter breite Klinge aus versilbertem Stahl in sich zu versenken, die ein Drittel so lang wie man selber groß ist, muss man sehr ausgiebig und hart trainieren und über eine außerordentlich gute Körperbeherrschung verfügen. Vor die Schwertschluckerkunst hat die Natur einen Schutzmechanismus gesetzt, der versucht, Fremdkörper, die versehentlich ins Innere gelangt sind, schnell wieder los zu werden: den Würgereflex. Mit großer Disziplin und unter Zuhilfenahme einer langen Feder, mit der sie sich täglich alle zwanzig Minuten tief in der Kehle kitzelte, begann Jewels, ihren Würgereiz zu zähmen. In der nächsten Stufe des monatelangen Trainings folgten dann eine Zahnbürste und schließlich das Schwert!

Auch Seil- und Trapezkünstler gehen oft hohe Risiken für Leib und Leben ein, doch ein Schwert bebildert diese Tatsache auf besonders dramatische Weise. Bei Jewels Kunststück „Lunatique“ gibt es keine Schwertattrappe, deren Klinge sich in ihrem Innern diskret ineinander schiebt. Das Schwert ist echt und die Klinge die Speiseröhre hinunter in Richtung Magengrund zu bewegen, erfordert die ungeteilte Aufmerksamkeit der Künstlerin. Die kleinste äußere Ablenkung oder ein kurzes Abschweifen der Gedanken könnten lebensgefährlich sein.

Mit 50 Schwertern zum Guinessweltrekord

Jewels: Schwertschluckerin

Die Ausnahmekünstlerin ist ein Juwel, das es für die Eventbühnen noch zu entdecken gilt

Einmal verletzte sich die Schwertschluckerin schwer, als ein Kleiderbügel in ihrem Hals steckenblieb und sie in Panik geriet. Ihr Körper weigerte sich daraufhin zwei Jahre lang beharrlich, eine Klinge die Stelle passieren zu lassen, an der ihre Speiseröhre verwundet wurde. Die Blockade zu überwinden und die Technik wieder neu zu erlernen, war eine Herausforderung, die Jewels mit der ihr eigenen Willenskraft meisterte. Inzwischen ist sie Inhaberin eines Guinessweltrekords, den Jewels und 18 ihrer Kollegen errangen, indem sie gleichzeitig insgesamt 50 Schwerter schluckten!

Hat sich die Performerin, die Grenzerfahrungen liebt, in früheren Bühnenshows noch Ösen in die Haut piercen und wie eine Marionette an Fäden führen lassen oder sich auf ein Nagelbrett gebettet, verknüpft sie ihre waghalsige Kunst heute mit Comedy und Elementen der Zauberei. Sie möchte ihr Publikum nicht gruseln, sondern zum Lachen und Staunen bringen. Mittlerweile tritt Jewels auf der ganzen Welt auf, tourt gemeinsam mit anderen internationalen Artisten durch Asien, Europa und die USA und lebt ihren sehr speziellen Traum.

Ganz gleich, ob sie sich in ihrer Entfesselungsnummer binnen Sekunden aus Eisenketten befreit, eine langstielige Blume in ihre Kehle taucht oder ein Schwert, in ihren Performances lässt Jewels jede Form von Langeweile und Alltag über die Klinge springen. Die Ausnahmekünstlerin ist ein Juwel, das es für die Eventbühnen noch zu entdecken gilt.