Artistin Fine Zintel am Schwungtrapez

Artistin Fine Zintel am Schwungtrapez

Sonderpreis des „Sprungbrett 2014″ für die junge Artistin

Josefine Zintel, kurz Fine, ist die Vesper unter den Martinis: Wild und ungezähmt überzeugt sie mit ihrer Darbietung am Schwungtrapez – und erhielt dafür den zum ersten Mal vergebenen Sonderpreis des „Sprungbrett 2014“.

Der klassische Wodka Martini besteht aus zwei Teilchen, den Geschmacksmolekülen und den Alkoholmolekülen. Er wird gerührt, so dass die Bestandteile sich nur langsam vermischen. Doch geschüttelt, als sogenannte Vesper, entfaltet sich der ganze Geschmack schon beim ersten Schluck. Mit einem Augenzwinkern gleicht eben diese Vesper-Variante der artistischen Darbietung von Fine Zintel. Denn diese hebt sich vom ersten Augenblick an durch die spürbare Kraft und Energie von anderen Performances ab, die sich sanft in der Luft schwingend langsam aufbauen.

Dynamisch, ja fast dramatisch

Artistin Fine Zintel

Artistin Fine Zintel

„Ehrlich gesagt, ich mag eben dieses elegante, zarte Schwingen auf dem Trapez nicht. Solche Shownummern fand ich immer viel zu mädchenhaft, “ erklärt die heute 19jährige Artistin etwas zögerlich. „ Dieses Weiche entspricht einfach nicht meinem Charakter.“ Den wiederum bringt die Schwungtrapez-Artistin während ihrer aktuellen Darbietung präzise auf den Punkt. Im knappen, schwarzen Lederhöschen und Bustier, die Haare seitlich abrasiert, schwingt Fine energisch und voller Elan auf ihrem Trapez. Sofort ist spürbar, dass die junge Artistin keinerlei Berührungsängste mit ihrem Requisit hat. Ihre Übergänge sind dynamisch, ja fast schon dramatisch und treiben ihre Darbietung an. In Kombination mit rasanten, starken Abfallern lässt die Show das Publikum kaum eine Sekunde Luft holen.

Schon mit acht Jahren zum Kinderzirkus

Und diese Energie zieht sich durch die gesamte Lebensgeschichte der Artistin. Geboren in Ihringshausen, einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Kassel, begeisterte sich Fine schon als junges Mädchen für Sport. „Ich war schwimmen, habe Kampfsport gemacht, ich musste mich einfach immer bewegen. Und doch bin ich nie bei einer Sportart geblieben. Keine hat mich je wirklich gefesselt, “ erinnert sie sich. Bis eine Freundin sie mit acht Jahren zum Kinder- und Jugendzirkus Rambazotti e.V. mitnahm. „Ich war vom ersten Moment an fasziniert. Diese Vielfalt, die in der Artistik möglich ist, die diversen Möglichkeiten sich auszudrücken, hat mich sofort in den Bann geschlagen. Und schon damals war das Trapez für mich mein Requisit.“

“Artistik ist wie eine Droge für mich”

Das spürten auch ihre Trainer, denn Fine gehörte schnell zu jenen, die täglich zum Training kamen. „Man kann schon sagen, dass die Artistik eine Droge für mich ist. Mir war sofort klar, dass ich nichts anderes mehr machen möchte.“ Mit elf Jahren entschied sie dann, den Weg einer professionellen Artistin einzuschlagen. Durch die Trainer des Kinder- und Jugendzirkus in Kassel erfuhr sie von der Staatlichen Artistenschule in Berlin. „Das passte alles wunderbar. Mein Vater lebte damals in Berlin. So hatte ich einen Ankerpunkt dort. Überhaupt haben meine Eltern mich immer unterstützt. Es gab nur eine einzige Bedingung: Ich musste mein Abitur machen. Aber das war ja in Berlin kein Problem, “ erzählt sie ganz entspannt. „ Also sind wir zum Tag der offenen Tür gefahren.“

Aufnahme an der Staatlichen Artistenschule Berlin

Doch da endete der Traum der Elfjährigen erst einmal. „Ich war zu jung, um aufgenommen zu werden. Damals konnte man als Schüler erst ab der neunten Klasse einsteigen.“ Doch die Trainer der Artistenschule rieten ihr, wiederzukommen. Und passend zu dem Ehrgeiz, der in der jungen Artistin steckt, kam sie wieder. Drei Jahre später und voller Leidenschaft und einem unbändigen Willen – und bestand natürlich auf Anhieb die Aufnahmeprüfung. „Mit 14 Jahren waren ich meinem Traum ganz nah. Auch wenn ich sehr früh selbstständig werden musste und sicher manchmal meine Eltern oder einen stärkeren Halt gebraucht hätte, niemals hätte ich die Ausbildung aufgegeben, “ sagt sie rückblickend.

Eine Kämpfernatur – die Artistin macht ihren Weg

Keine falschen Kompromisse! Artistin Fine Zintel am Schwungtrapez

Keine falschen Kompromisse! Artistin Fine Zintel am Schwungtrapez

Welch Kämpfernatur tatsächlich in ihr steckt, bewies sie als ein Fahrradunfall sie zwei Jahre später für vier Monate außer Gefecht setzte. „Alle denken immer, dass die schlimmsten Verletzungen beim Training passieren. Aber dort habe ich mich nie verletzt. Und plötzlich, in der Freizeit, geht vor mir eine Autotür auf – und zack, war es erst einmal vorbei.“ Was folgte war eine Operation am linken Kreuzband im Knie. „Mein Trainer Jens Becker und die Artistenschule haben sich sehr um meine Gesundheit gekümmert. Spezialisierte Sportärzte haben mich untersucht und beraten. Es war ein wirklich beruhigendes Gefühl, sich in guten Händen zu wissen.“ Und ganz langsam erholte sich ihr Körper wieder. Die Artistenschule Berlin gewährte ihr die Schulverlängerung für ein weiteres Jahr. Und schneller als Fine selbst dachte, gelangen auch die ersten Übungen am Schwungtrapez.

Zurück am Schwungtrapez

„Wieder auf meinem Schwungtrapez zu sein, war ein wunderbares Gefühl. Aber ich musste auch die Zeit nachholen, “ schildert Fine beinah gelassen. Doch was so gelassen erscheint, machte steten Eindruck auf andere. „Fine war immer länger in der Turnhalle als die anderen. Sie hat härter trainiert, wollte immer mehr, “ schildert ihr Mitschüler und Sprungbrett-Gewinner Mario Espanol.

Darüber schmunzelt Fine leicht. „Schwungtrapez und Artistik sind so eine Art Grundbedürfnis für mich geworden. All die Schmerzen und den Muskelkater nehme ich gerne in Kauf, wenn ich dafür in der Luft sein und schwingen kann.“

Dieser Wille, dieser Biss muss belohnt werden

Das sahen die Juroren des Artisten-Nachwuchspreises Sprungbrett genauso. Und übergaben ihr zum ersten Mal einen Sonderpreis. „Aufgrund ihrer Verletzung hätten wir keine Möglichkeit gehabt, sie auszuzeichnen, da sie an keiner weiteren Prüfung teilnehmen wird. Und diese Dynamik, diese Wildheit und dieser Biss muss honoriert werden“, meint Kerstin Meisner von der Jury.

Freudig gespannt auf die Kulturbörse Freiburg

„Ich freue mich auf die Kulturbörse in Freiburg“, lacht Fine. „Ich bin schon gespannt darauf zu sehen, wie das Publikum auf mich reagiert und hoffe, dass mich der Auftritt auf der Gala weiter nach vorne bringt.“ Und da ist er wieder: der unbändige Wille und der Ehrgeiz, der die zierliche Frau prägt. Wir sind uns sicher, dass genau diese Eigenschaften sie weiter tragen werden. Fine – von dir werden wir alle noch viel sehen. Wir freuen uns darauf!