Brücken bauen & konservative Normen durchbrechen
Parkour-Performance mit bewegender Message
Mauern einreißen, Trennendes überwinden, Verbindungen schaffen – mit diesem Leitsatz prägten die evangelische und katholische Kirche sowie die Diakonie und Caritas den diesjährigen Rheinland-Pfalz-Tag in Bad Ems. Unter dem Motto »Brücken bauen« veranstalteten die Institutionen ein dreitägiges Programm voller Street-Art, Akrobatik, Comedy, Tanzperformances, Talkrunden und Musik und setzten damit ein klares Zeichen für mehr Miteinander.
Zu einem besonderen Publikumsmagneten entpuppte sich die Parkour-Performance der Artistengruppe Flyguys. Seit 2005 sind die Athleten europaweit auf Straßen, Dächern und für namhafte Marken und Filmproduktionen unterwegs. Der Kontakt zu der Artistengruppe kam über Kerstin Meisner, Herausgeberin showcases und Initiatorin von www.eventbranchenverzeichnis.de, dem wohl größten Netzwerk für die Veranstaltungsplanung im deutschsprachigen Raum. Der international bekannte Komponist, Sounddesigner und Filmproduzent Parviz Mir-Ali, der als Projektmanager des Rheinland-Pfalz-Tages mit der evangelischen Kirche kooperiert, kam auf sie zu: »Parviz fragte mich, ob ich einen zum Thema passenden Act empfehlen könne«, so Kerstin. »Und nur kurze Zeit zuvor hatten wir die Flyguys in unser Netzwerk aufgenommen. Mit ihrem Können vermitteln die Akrobaten nicht nur physisch, sondern auch im metaphorischen Sinne, was es bedeutet, Abgründe zu überwinden und Brücken zu schlagen. So konnten wir gemeinsam ein Konzept für den RLP-Tag erarbeiten!«
Besonders gut kam die Parkour-Performance der Flyguys bei dem Publikum an.
Über ein Dutzend Mal traten die Athleten an den drei Tagen vor der EKHN-Bühne in Bad Ems auf. Mit ihrer speziell für die Veranstaltung choreografierten Show sorgten sie nicht nur für staunende Gesichter und viel Beifall seitens des Publikums. Auch die Veranstalter und Projektmanager Parviz Mir-Ali waren begeistert von der thematischen Umsetzung und dem reibungslosen organisatorischen Ablauf: »Alles war so gut durchdacht, dass sämtliche Probleme, die hätten entstehen können, schon in der konzeptionellen Phase gelöst wurden.« Sebastian Gies von den Flyguys: »Unsere Leidenschaft ist es, individuelle Parkour-Performances abgestimmt auf die Location und Message der Veranstaltung zu kreieren. Daher entwickelten wir zwei verschiedene Konzeptvorschläge.
Am Ende ist es eine Mischung aus beiden geworden.« Das Ergebnis war ein rund achtminütiger Act, der mit einer Mischung aus Breakdance, Parkour, Schauspiel und vor allem einer emotionalen Storyline inspirierte. »Wir wollen mit dem Bild aufräumen, dass Parkour nur mit akrobatischem Können begeistert. Mit unseren Nummern zeigen wir, dass es möglich ist, mit Parkour bewegende Geschichten zu erzählen. Das verleiht unseren Shows viel mehr Tiefe«, ergänzt Sebastian. Und genau das stellten die Flyguys am Rheinland-Pfalz-Tag unter Beweis. Ihre Performance vermittelte auf nonverbale und emotionale Weise, dass es möglich ist, selbst die größten Lücken zu schließen, wenn man gemeinsam nach Lösungen sucht und neue Wege kreiert – und zwar Hand in Hand.
Ein Moment, der Sebastian von der Veranstaltung besonders im Kopf geblieben ist, war die Sondershow während des ökumenischen Gottesdienstes: »Es war ein verrücktes Gefühl, innerhalb eines Gottesdienstes mit unserer Performance eingebunden zu sein. Es fühlte sich an, als würden wir in dem Moment konservative Normen durchbrechen«, so der Künstler. Neben den kreativen und musikalischen Programm-Punkten fanden auf der Bühne zudem spannende Talks mit geladenen Gästen aus Politik, Gesellschaft und Kirche statt. Landesdiakoniepfarrer Albrecht Bähr sprach auf der » Blauen Couch« u. a. mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Georg Bätzing über aktuelle Themen. Mit ihrem Schaffen waren die Flyguys Teil einer Veranstaltung, die auf verschiedenen Wegen kommunizierte, dass gesellschaftliches Miteinander wichtiger denn je ist. Und dass es in unseren eigenen Händen liegt, selbst zu Brückenbauerinnen und Brückenbauern zu werden.
Der 1967 geborene Parviz Mir-Ali ist als deutsch-iranischer Komponist, Sounddesigner und Filmproduzent international für sein Schaffen bekannt. Bereits im Alter von sechs Jahren erhielt er seine ersten Klavierstunden. Es folgten ein Studium der Komposition, Tonsatz und Klavier in seiner Geburtsstadt Frankfurt am Main und später die Ausbildung zum Toningenieur am Soundmaster Recording Institute Los Angeles. Nachdem er ein paar Jahre in den USA lebte und arbeitete, zog es ihn zurück in seine Heimatstadt, wo er 1998 eigene Unternehmen gründete.
Besonders bekannt ist der Sohn eines iranischen Arztes und einer deutschen Ärztin für die Oper »Deutschland, Deine Lieder«, die er 2002 komponierte. Ein weiteres bekanntes Schaffenswerk ist die Komposition und Produktion des Soundtracks zur Eröffnung der Fußball-WM in Frankfurt am Main im Juni 2006. Der Soundtrack wurde vom Sinfonieorchester und der Big Band des Hessischen Rundfunks im Rahmen eines cineastischen Ereignisses eingespielt. Circa eine Million Menschen erlebten diesen Moment live mit. In 2007 wurde ihm für dieses Werk der Designpreis der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Heute wirkt Parviz Mir-Ali an verschiedenen internationalen Bühnenprojekten und Produktionen mit. So auch an der Projektgestaltung des Rheinland- Pfalz-Tages in Bad Ems.