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Barrierefreie Kommunikation für Blinde

Interview mit dem Vorsitzenden des Blinden- und Sehbehindertenvereins Bonn/Rhein-Sieg e.V., Robert Landsberg, zu Barrieren, No-Gos und Ansprüchen von blinden und sehbehinderten Menschen bei Veranstaltungen.

Robert, wenn blinde und sehbehinderte Menschen an einer Veranstaltung bzw. an einem Kongress teilnehmen möchten, was sollte im Vorfeld der Veranstaltung in puncto Informationen von den Veranstaltenden beachtet werden?

Die Informationen oder auch Einladungen sollten auch für blinde und sehbehinderte Menschen zugänglich sein. Klingt simpel, ist aber aufgrund von einigen Parametern, die für blinde und sehbehinderte Menschen gelten, sehr wichtig. Wir nennen es die Nutzung von barrierefreien Kommunikationsmitteln im Internet, auf dem Handy oder auch via E-Mail. Blinde und sehbehinderte Menschen sind auf assistive Technologien, insbesondere auf Audio-Funktionen, angewiesen.

Nehmen wir einmal an, dass blinde oder sehbehinderte Personen die Location einer Veranstaltung erreicht haben. Was hilft blinden und sehbehinderten Menschen bei der Orientierung?

Bodenindikatoren für Blinde auf Veranstaltungen.

Bodenindikatoren helfen vielen blinden Menschen bei der Orientierung auf Veranstaltungen.

Innerhalb einer Location sollte ein funktionierendes Leitsystem existieren. Sogenannte Bodenindikatoren haben sich bisher bestens bewährt. In der DIN-Norm 32984 werden die Anforderungen für Bodenindikatoren und sonstige Leitelemente auch in Gebäuden beschrieben und festgelegt. Im Bonner Raum gibt es mit dem Landesmuseum und der Bundeskunsthalle zwei gute Beispiele von öffentlichen Gebäuden, bei denen die Bodenindikatoren gut funktionieren. Auch auf den Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf funktionieren die Bodenindikatoren sehr gut. Mit dieser Orientierungshilfe erreicht man zielsicher die Support-Säulen für uns. Als Negativbeispiel ist unter anderem die Lanxess-Arena in Köln zu nennen. Da wird die Orientierung zum Horror. Für viele, aber nicht für alle aus unserem Personenkreis, helfen aber auch taktile Pläne bei der Orientierung.

Über eine ausgezeichnete Sprachverständlichkeit brauchen wir nicht zu diskutieren, die muss natürlich gegeben sein …

Eine erstklassige Sprachverständlichkeit bildet selbstverständlich das A & O einer Veranstaltung für uns. Das heißt aber auch, dass Techniker vor Ort im Einsatz sein sollten, um die Systeme einzustellen und zu überwachen sowie etwaige Störungen beheben zu können.

Bedeuten Audio-Guides eine Hilfe?

Wenn man diese bedienen kann, ja … (lacht) Wir haben die Erfahrung gemacht, dass immer mehr Audio-Guides mit Touchscreens ausgerüstet werden. Das bedeutet für uns von vorneherein das Aus. Das gilt auch für Tools, die oft bei Veranstaltungen oder Kongressen zur Meinungsbildung oder zu Abstimmungen eingesetzt werden. Für blinde oder sehbehinderte Menschen sollten in diesen Fällen Tools oder Audio-Guides mit Tastenfunktionen bereitgestellt werden.

Deine Frau Manuela und Du lassen Euch von ausgebildeten Blindenführhunden im öffentlichen Verkehr leiten. Hattet Ihr schon einmal Erfahrungen gemacht, dass Euch die Blindenführhunde auf eine Veranstaltung innerhalb einer Gebäude-Location begleiten konnten?

Laut dem neusten Assistenzhundegesetz sollten unsere Hunde nahezu überall Zutrittsrechte haben. Das ist aber graue Theorie da immer wieder fadenscheinige Argumente vorgebracht werden, wie eine Hundeallergie. An dieser Stelle lässt die Inklusion doch noch sehr zu wünschen übrig.

Der Blinden- und Sehbehindertenverein Bonn/Rhein-Sieg war im Rahmen seiner 100-Jahr-Feier im letzten Jahr ja selbst Veranstalter einer Jubiläumsveranstaltung. Für wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer war die Veranstaltung geplant?

Die Jubiläumsveranstaltung war für ca. 200 Personen geplant. Es war schwierig, eine geeignete Location zu finden, die für unseren Personenkreis auch gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist. Nach langer Suche entschieden wir uns dann für das Hotel Hilton in Bonn.

Auf welche Highlights für blinde und sehbehinderte Personen bezüglich des Programms bzw. des Veranstaltungsverlaufs hast Du besonders viel Wert gelegt?

Es sollte eine für die Öffentlichkeit wirksame Veranstaltung sein – mit einem Festakt, in dem die Geschichte des Blindenwesens von einem Festredner sehr anschaulich dargelegt wurde. Außerdem gab es eine Ausstellung von Hilfsmitteln von gestern bis heute. Am Abend konnten wir uns dann bei einem bunten Programm – unter anderem aus eigenen Reihen gestaltet – entspannt zurücklehnen.

Robert, vielen Dank für das Interview.

Robert Landsberg ist von Geburt an erblindet und seit über 25 Jahren Vorsitzender des Blinden- und Sehbehindertenvereins Bonn/ Rhein-Sieg e. V. Er wurde im April 1995 mit großer Mehrheit zum Vorsitzenden gewählt und hat seit dieser Zeit einiges für blinde und sehbehinderte Menschen bewegt. In seiner Funktion als Vorsitzender wird er von seiner sehbehinderten Frau Manuela unterstützt. Dafür wurden die beiden 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Neben seiner Tätigkeit als Vorsitzender ist Robert Landsberg auch als hervorragender Keyboarder und Drummer bekannt, was durch eine Vielzahl von überregionalen Auftritten mit verschiedenen Bands dokumentiert wird.