ALLE MAL LACHEN! – Comedyfrauen ganz weit vorne
Gute Comedy ist ein Mittel gegen die Verzweiflung, die das Leben immer wieder beschert. Comedians wie Comediennes spielen gegen diese Verzweiflung an. Erika Mann ist so ein Beispiel aus der Geschichte der Comedy. Die Grenzen zum Kabarett waren schon damals fließend. Die Frau aus dem Literaten-Clan stand auf der Bühne, um gegen den Wahnsinn ihrer Zeit anzuspielen. Diese Zeit, die Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts, hatte jede Menge Wahnsinn zu bieten. Der größte Wahnsinn hatte ein Chaplinbärtchen und kam aus Österreich. Amazon Prime hat mit »The Marvelous Mrs. Maisel« aus der Verzweiflung einer jüdischen Frau in den biederen Fünfzigern eine erfolgreiche, preisgekrönte Serie über eine New Yorker Stand-up-Komikerin gemacht. Und auch heutzutage lohnt es sich sehr, bei den Comediennes hinzusehen.
»PUSSY NATION«
Die Kölner Komikerin Carolin Kebekus ist die größte Aufklärerin seit Käte Strobel. »Politik ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie allein den Männern überlassen könnte.« Dieser Satz stammt von der ehemaligen Bundesjugendministerin Strobel, könnte aber auch von der Kebekus stammen. Die Neofeministin macht aus ihrer Haltung keinen Hehl. Kebekus geht ganz unverfroren dahin, wo es intim wird. Erstaunlich, dass auch 2022 noch über etwas wie die Menstruation getuschelt wird, als ob es den Strobelschen Sexualkunde-Atlas nie gegeben hätte. Carolin Kebekus holt solche Intimitäten aus der Tuschelecke heraus und rückt sie ins Rampenlicht. In selbiges rückt sie auch gerne Kolleginnen. Sie hat das Musikerinnen-Festival »DCKS« initiiert, bei dem ausschließlich weibliche Acts auftraten. Auftritte gab es dort mit anderen starken Frauen wie Hazel Brugger (von der gleich die Rede sein soll), Maren Kroymann oder Jeannine Michaelsen. Mit so viel Engagement fällt Frau auf. Aber auch als Comedienne ist Carolin Kebekus unumstritten. Den Deutschen Comedypreis bekam sie bereits mehrfach verliehen und auch den renommierten Grimme-Preis für ihre Fernsehpräsenz in der Kategorie Unterhaltung. 2022 folgte der Bayerische Kabarettpreis.
»KENNEN SIE DIESE FRAU?«
Hazel Brugger ist ein weiteres Beispiel für Comedy mit Ambition. Geboren in den USA, aufgewachsen in der Schweiz, erfolgreich in Deutschland ist sie ein weiteres Exemplar der Comediennes, die denkende Menschen zum Lachen bringen können. Die 29-Jährige ist Trägerin des Deutschen Comedypreises, Salzburger Stiers, Swiss Comedy Awards und hat auch den Deutschen Kleinkunstpreis bereits gewonnen. Sie tourt mit ihrem dritten Bühnenprogramm, man kennt sie aber auch aus dem Fernsehen. Immer wieder bringt sie in der »heute-show« Politiker ins Schwitzen. Mit 19 gewann sie schon ihren ersten Poetry-Slam in der Schweiz. Sie ist eine erfolgreiche Bloggerin und bedient auch YouTube, wo sie zuerst deutsche und dann auch europäische Besonderheiten präsentierte beziehungsweise präsentiert. In ihrem Webshop verkauft sie nicht nur den üblichen Merch, nein, sie offeriert auch ihre persönlich abgeschmeckte Sorte Lakritze »Lakrüetzi Mitenand«. 100 Prozent der auf YouTube und im Online-Shop kassierten Einnahmen gehen auf das Firmenkonto ihrer Viel Spaß GmbH und werden für den Start neuer Projekte, Videodrehs, Podcast-Aufnahmen und die faire Bezahlung von Angestellten und Mitarbeiter:innen verwendet. Hazel Brugger bemüht sich um eine gesunde und nachhaltige Arbeitsweise. Die Schweizer Deutsch-Amerikanerin will, dass nicht nur ihr Publikum viel Spaß hat. Spaß ist ihr Anspruch.»DIE FELS*IN DER BRANDUNG«
»TOXISCH POSITIV«
»DAS BÖSE KOMMT IMMER VON UNERWARTETER SEITE«
Olga Stetsenko hat im Oktober 2022 den Deutschen Comedypreis gewonnen. Die Ukrainerin war zu Hause Teil eines örtlichen Stand-up-Comedyclubs. Zum ersten Mal im Fernsehen war sie in der Comedyshow des jetzigen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu sehen. Im März, also nach Kriegsbeginn, bekamen die Macher:innen von »Nightwash« Kontakt zu ihr. Anstatt zugeschaltet zu werden, kam sie für einen Live-Auftritt nach Köln, nachdem sie ihre Eltern gerade nach Österreich in Sicherheit gebracht hatte. Der Auftritt sorgte für Lachsalven und Gänsehaut. Grund genug also, den Deutschen Comedypreis für den »bewegendsten Auftritt des Jahres« überreicht zu bekommen, den sie in Köln selbst entgegennahm. Die 37-Jährige leitete im Hauptberuf in Mikolajiw eine Privatschule und unterrichtete Deutsch. Deshalb ist es ihr möglich, ihre Auftritte auch in deutscher Sprache zu absolvieren. Bei der Übertragung der Gags aus dem Ukrainischen nimmt sie aber Hilfe in Anspruch. Denn nicht alle Gags funktionieren in beiden Sprachen. So kann sie ein kompliziertes Phänomen wie »Gravitationsalterung« ihrem Publikum auch in fließendem Deutsch erklären.