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Georg Leiste bei seinem Auftritt in China

Zum Lachen nach Peking gereist

vom 18.02.2011 veröffentlicht über meinMemo

Georg Leiste hat als Clown und Conférencier schon im Zirkus Roncalli gearbeitet. Aber als eine Fernsehshow ihn für eine Sendung zum chinesischen Neujahr nach China einlud, war auch er überrascht.


Georg Leiste (46) aus Lohmar war in China um bei einer Comedyshow für das chinesische Neujahr mitzumachen.




„Herzlich willkommen zu Hause, Papa“ steht mit Kugelschreiber in chinesischer Schrift auf einem Zettel Papier. „Das hatten meine Kinder an die Haustür gehängt, als ich vom Flughafen zurückkam.“ Noch jetzt zaubert die Erinnerung ein Lächeln auf das Gesicht von Georg Leiste. Ganz ohne Tricks.



Der 46 Jahre alte Honrather ist Clown, Conférencier, Zauberkünstler, Artist - so hat er schon im Zirkus Roncalli gearbeitet. Aber was ihm vor einigen Monaten angetragen wurde, das war dann doch selbst für seine Verhältnisse ziemlich ungewöhnlich: „Eine Agentur aus Monaco rief mich an“, erinnert er sich. „Sie sagten, sie seien im Internet auf mich aufmerksam geworden und wollten mich für eine Show in Peking buchen.“



Ende Januar war es dann so weit: zwei Tage Flug, drei Tage für Proben und Aufzeichnung. Das Ganze spielte sich ab in einem Studio des chinesischen Fernsehens am Stadtrand von Peking. „Das Hotel war direkt neben dem Studio - ich hatte nur einen Tag lang Zeit, mir mal die Stadt anzugucken, zum Beispiel den Tiananmen-Platz“, bedauert Leiste. Was ihm am Stadtbild auffiel: „Es gibt so gut wie keine Fahrräder mehr - das sind jetzt alles Autos. Mit dem entsprechenden Smog!“
Wer sich angesichts dieser Konstellation an den Film „Lost in Translation“ erinnert fühlt, in dem Bill Murray einen amerikanischen Showstar gibt, der für den Dreh einer albernen (aber gut bezahlten) Whisky-Reklame nach Tokio fliegt, ist auf dem Holzweg: Das Gefühl von Einsamkeit und kultureller Entfremdung kam bei Leiste gar nicht erst auf. Denn die Gastgeber hatten sich nicht lumpen lassen, 60 Künstler aus aller Welt waren nach Peking eingeladen, um eine gigantische Lach-Show zu produzieren. „Schon auf dem Hinflug traf ich einen Franzosen, der dort ebenfalls auftreten sollte. Wir kamen sofort ins Gespräch. Während des Drehs waren wir wie eine große Familie - richtig nett war das!“



Komiker und Artisten aus Amerika, Kanada, Russland und ganz Europa spielten ihre besten Nummern - alles, um das chinesische Publikum während der Neujahrsfeiern zu unterhalten. Denn seit dem vergangenen Mittwoch feiert das „Land der Mitte“ sein Neujahrsfest. Eine Woche lang sendet das Fernsehen jeden Tag eine Stunde internationale Komik.
Alle seien sehr freundlich und hilfsbereit gewesen, versichert Leiste: „Da wurde dreimal nachgefragt, ob auch alles richtig ist.“ Das Moderatorenpärchen - ein Franzose und eine Chinesin - sprachen gut Englisch, der Regisseur allerdings nicht. „Auch auf der Straße versteht kein Mensch Englisch.“ Also doch lost in translation? Da hat ein Clown einen unschätzbaren Vorteil: Seine Komik ist eben nicht auf Worte angewiesen.
In seiner Sechs-Minuten-Nummer verkleidet sich der schlanke, durchtrainierte Leiste auf der Bühne in Sängerstar Luciano Pavarotti. Und Pavarotti, den kennt nun wirklich jeder. Was passiert, wenn ein fülliger Startenor seine (Playback-)Arie anstimmt, doch dann plötzlich aus dem Rahmen fällt und drahtig wie der junge James Brown einen Salto schlägt? „I feel good“ statt „Nessun dorma“ - da lacht auch der Chinese. Dabei hatte Leiste schon Befürchtungen, dass das Publikum nicht auftauen würde. „Aber die haben auch zwischendurch gelacht und geklatscht - zum Glück!“



Bisweilen sei das wohl der Verdienst der Animateure gewesen. Diese hatten den Job, die Leute vor der Sendung aufzuwärmen. Am besten, so hat Leiste beobachtet, funktioniert in China die klassisch-naive Komik: „Ein Mann im Tütü oder Slapstick-Einlagen wie Tortenschlachten und Schlägereien - da wird immer am lautesten gelacht! Wie bei uns vor 50 Jahren.“




Trotz aller Komik - so ganz ohne „Zensur“ ging's nicht über die Bühne. So hat Leiste in seiner Pavarotti-Nummer eine Szene, in der er, vom Tanzen erhitzt, statt eines Taschentuchs einen BH aus der Tasche zieht und sich damit die Stirn abtupft. „Da hieß es, das könne man dem Publikum nicht zumuten.“ Eine rote Männer-Unterhose dürfe er aber nehmen. „Ich habe versucht zu erklären, dass dann doch der ganze Witz weg ist - aber leider ohne Erfolg.“ Kleiner Trost: Gelacht wurde trotzdem.

Text erschienen im Kölner Stadtanzeiger.