Marius Spürkmann

„Alles, was Spaß macht, wurde verboten“

Marius Spürkmann ist der Mann für den „Fun“. Mit Xtreme Events entwickelt, vermietet und betreut er Spaß-Module jeglicher Art, vom Klettergarten bis zur Eislaufbahn. Sein Motto: „Wir leben vom Spaß der anderen“. Dass er aber auch selbst Spaß bei seiner Arbeit hat, spürt man in jedem Satz, wenn er über seinen Beruf spricht. Im Moment ist das anders: Corona-bedingt wurden sämtliche Events abgesagt, er schätzt, dass ihm durch die Krise 500 Veranstaltungen durch die Lappen gingen. Statt Fun heißt es in Mönchengladbach zurzeit Bürojob, Werkstatt, Kurzarbeit. Und trotzdem: Den Spaß lassen sich Marius und das Team von der Pandemie nicht verderben. Sondern überlegen, was sie aus der Krise machen können. Und wie Veranstaltungen auch unter strengen Auflagen funktionieren.

Marius, wie hast Du Dich gefühlt, als der erste Auftrag Corona-bedingt abgesagt werden musste? War das ein schleichender Prozess – oder der totale Schock?

„Wir wurden langsam auf das Thema vorbereitet. Denn wir waren schon früher betroffen, als viele andere aus der Branche. Wir hatten einige Neuanschaffungen und Material in China bestellt, das konnte schon relativ früh nicht mehr geliefert werden. Und dann haben nach und nach unsere Kunden nach den Stornobedingungen gefragt. Ein paar Veranstaltungen konnten wir noch durchführen, irgendwann war es dann komplett vorbei.“

Komplett vorbei – was heißt das für Euch?

„Wir hatten zunächst gehofft, dass bis zur Sommersaison, also den Sommerfesten vor und nach den Sommerferien, alles wieder normal wird, dass die EM stattfindet und es viele Public Viewings geben wird. Normalerweise machen wir in einer Woche wie dieser etwa 50 Events. Das wären dann in der Corona-Zeit geschätzte 300 bis 500 Veranstaltungen, die wir nicht gemacht haben. Es wird keine Veranstaltungen bis Ende September geben. Die Unsicherheit ist einfach zu groß, aber immerhin gibt es jetzt wieder die ersten Anfragen für die Zeit danach. Allerdings in einem viel kleineren Rahmen als sonst. Das Problem sind nicht nur die stornierten Aufträge, sondern vor allem auch die ausbleibenden Buchungen.“

Wie schafft Ihr es, trotzdem weiterzubestehen? Ihr habt ja auch einen großen Fuhrpark, ein riesiges Lager, zwölf Festangestellte…?

Viele Mitarbeiter sind teilweise in Kurzarbeit. Nicht komplett, denn wir möchten die Leute unbedingt halten! Es gibt ja in der Veranstaltungsbranche derzeit erstmal keine anderen Jobs. Unsere Mitarbeiter sind in der Werkstatt und mit Wartungen beschäftigt – unsere Module sind so gut gewartet wie noch nie (lacht!). Wir hatten aber auch Glück: Unseren Fuhrpark konnten wir erst einmal in der Versicherung ruhen lassen, die Leasingbank ließ uns die Beiträge stunden. Außerdem haben wir einen Kredit aufgenommen und die Soforthilfen, die es gegeben hat, abgerufen. Diese Maßnahmen sind gut und wichtig. Was ich aber überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist, warum die Branchen so unterschiedlich mit Lockerungen bedacht werden. Alle Veranstaltungen werden komplett abgesagt, aber riesige Möbelhäuser haben geöffnet? Auch wir könnten unter Schutzauflagen arbeiten, mit Schutzwänden, Tensatoren, Masken – gerade in unserer Branche hätten wir alles schnell und leicht umsetzen können. Aber wir dürfen nicht, sondern haben sozusagen ein pauschales Berufsverbot.“

Wenn es wieder losgeht: Was wird sich in der Branche ändern? Auf was müssen sich Unternehmen und Kunden einstellen?

„Das ist die große Frage. Ich bin gespannt, wer überhaupt aus der Krise rauskommt. Kredite müssen ja auch zurückgezahlt werden! Ich rechne nicht vor nächsten Sommer mit einem normalen Umsatz. Wir können nicht doppelt so viele Veranstaltungen machen, also werden die Preise steigen müssen. Nicht nur bei uns, in der gesamten Branche. Du kannst nicht doppelt so viele Brötchen backen mit der gleichen Anzahl an Bäckern! Ergo müssen die Brötchen teurer werden.“

Auf Eurer Website heißt es, Ihr setzt neue Maßstäbe in Sachen Fun – das Thema Spaß wird bei Euch großgeschrieben. Hat Corona Euch den Spaß verdorben?

„Nein. Wir denken natürlich auch über Alternativen nach, denken um. Ganz neu veranstalten wir gemeinsam mit einer befreundeten Agentur die ‚Bash Games‘ – ein riesiger Outdoor-Spielplatz, bei dem man sich gegenseitig ‚bashen‘ kann. Die Idee ist entstanden, als wir gehört haben, dass die Spielplätze wieder öffnen. Da haben wir uns gedacht: Das können wir auch. Und zwar viel Corona-konformer als jeder öffentliche Spielplatz. Wir garantieren die entsprechenden Gruppengrößen, Abstände und Hygiene-Maßnahmen, und trotzdem muss keiner auf seinen Spaß verzichten. Und das ist wichtig, denn alles, was Spaß macht, war ja verboten. Wir sind so froh, dass wir endlich wieder etwas tun können, das nicht Büroarbeit ist oder Wartung!“

Sind Formate wie die „Bash-Games“ eine Corona-Maßnahme, oder auch ein neues Geschäftsmodell?

„Wir können uns schon vorstellen, solche Events zu etablieren, auch für andere Städte. Wir sprechen damit Privatleute an, das ist für uns neu. Grundsätzlich kann es ein guter Weg sein, auch ruhigere Zeiten wie die Sommerferien auszufüllen. Im Moment sind wir aber einfach froh, wenn wir mal wieder das tun können, was wir lieben.“

Selbst als Veranstalter aufzutreten, ist eigentlich nicht Euer Kerngeschäft, sondern die Entwicklung, Vermietung und Betreuung von Event-Modulen. Und das seit 25 Jahren – wie fing das eigentlich an?

„Mit einem einzelnen Rodeo (lacht)! Unser Inhaber hat damals eine Vermittlungsagentur übernommen, die hatten den einzigen Rodeo, den es damals in Deutschland gab. Das ist immer weitergewachsen, mittlerweile haben wir 400 Attraktionen und über 1.000 Events im Jahr. Auch ich bin schon lange dabei: Seit meiner Berufsausbildung 2006, ich wollte schon immer in diese Branche und keinen klassischen Bürojob.“

Im Moment sitzt Du wahrscheinlich schon mehr im Büro als sonst – was fehlt Dir am meisten?

„Wir leben vom Spaß für andere. Wir sind darauf konditioniert, dass irgendwann die Hochsaison kommt, in der man auch mal ein Wochenende durcharbeitet, vor Ort mit vielen Menschen, und eben das macht, was wir an diesem Beruf so lieben: das Miteinander. Das fehlt mir sehr. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus sind wichtig. Aber es wird Zeit, dass es jetzt auch wieder losgeht. Und vor allem, dass wir genauso behandelt werden wie alle anderen. Und mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen wieder Veranstaltungen durchführen können. Damit alle wieder Spaß haben.“