Zirkus Spektakel Les Colporteurs

Zirkus-Spektakel über die Verletzlichkeit

Thema moderner Zirkus: Was Antoine Rigot und seine Compagnie Les Colporteurs in der Manege präsentieren, hat es in den Zirkuszelten dieser Welt so noch nicht gegeben: ein Zirkusspektakel über die menschliche Verletzlichkeit, das durch Poesie und Humor verzaubert, eine hinreißende und barrierefreie Hommage an das Leben!

Der Ball der Unberührbaren

Im Zentrum der Zirkus-Manege steht ein Rollstuhl. Ein Clown tritt auf und nimmt darin Platz, als wäre der Rollstuhl ein Thron. Der Mann, der diesen Rollstuhl zum Thron erhoben hat, war schon als Kind beim Zirkus. Der weltberühmte französische Seiltänzer Antoine Rigot hat seine Kunst in der Zirkusschule von Annie Fratellini erlernt und arbeitete später beim Cirque du Soleil. Gemeinsam mit seiner Frau Agathe Olivier, ebenfalls eine Elevin von Fratellini, gründete er 1996 die Compagnie der Hausierer, Les Colporteurs.

Tragischer Unfall

Dann geschah es: Im Jahr 2000 hatte Antoine Rigot an einem Strand in Amerika einen tragischen Unfall. Der Mann, zu dessen Profession das Abwägen von Risiken und die Waghalsigkeit gehören, springt kopfüber ins Meer, aber das Wasser ist nicht tief genug. Seitdem ist er querschnittsgelähmt und für Rigot nichts mehr wie zuvor, so als hätte er sich mit diesem Sprung in eine andere Wirklichkeit katapultiert. Das Ende seiner Zirkus-Karriere schien damit besiegelt. Doch Antoine Rigot gab nicht auf und verwandelte sein Trauma in ein Kunstwerk:„Le Bal des Untouchables – Der Ball der Unberührbaren”.

 Müllsäcke in der Zirkus-Manege

Unberührbare assoziieren wir mit dem indischen Kastensystem, doch auch in unserer Gesellschaft findet Ausgrenzung statt. Zwar vollzieht sich diese bei uns subtiler, aber oft vermittelt schon die Architektur einem Querschnittsgelähmten: Hier ist kein Platz für dich, du bist nicht vorgesehen. Und so werden bei Rigot Müllsäcke in der Zirkus-Manege abgeladen, in denen sich für gewöhnlich all die Dinge befinden, die unsere Gesellschaft aussortiert hat. Hier sind in den Müllsäcken jedoch Menschen, deren Arme und Beine die Plastikhülle durchstoßen und die sich so aus dem ihnen zugedachten Los befreien. Sein eigenes Schicksal hat Rigot für alle Formen der Ausgrenzung sensibilisiert, und da für ihn der Zirkus mehr als nur triviale Unterhaltung ist, benutzt er diesen als Medium, um komplexe Geschichten zu erzählen.

„Der Ball der Unberührbaren“

„Der Ball der Unberührbaren“ schildert Rigots eigene Geschichte und gleichzeitig die all jener Menschen, die von der Gesellschaft an den Rand gedrängt werden, weil sie nicht mehr ins Bild zu passen scheinen. Aber dies geschieht mit großer Leichtigkeit und viel Sinn für Humor. Dabei wendet Rigot den fabelhaften Kunstgriff an, einen Clown seine eigene Geschichte erzählen zu lassen, und er zündet zusammen mit acht Akrobaten und vier Musikern ein furioses Feuerwerk der Artistik und Poesie. Les Colporteurs beschenken die Zuschauer mit wunderbaren Tanz-, Trapez– und Seiltanznummern sowie mit surrealen Traumbildern, die tief berühren und die man nicht so schnell wieder vergessen kann.

Jeder Mensch balanciert auf dem Drahtseil des Lebens

Wie den Seiltänzer, der mit überlangen Krücken, allen körperlichen Widrigkeiten zum Trotz, auf dem Hochseil triumphiert. Und irgendwann erkennt der Zuschauer, dass diese Geschichte auch von ihm selbst handelt. Schließlich balanciert jeder Mensch, ob nun Artist oder nicht, auf dem Drahtseil des Lebens, immer wieder um Gleichgewicht bemüht.

Antoine Rigot zeigt, was uns alle verbindet: unsere menschliche Verwundbarkeit und wie leicht wir den Halt verlieren können, wenn wir nicht aufeinander Acht geben. Und: Dass man wieder aufstehen kann, wenn man gefallen ist. Mit seinem Ball der Unberührbaren breitet Rigot sein Zirkuszelt über alle Teilnehmer am großen Spektakel des Lebens aus.